Montag, 6. April 2020

Rezension: Deepa Anappara * Die Detektive vom Bhoot-Basar


Gebundene Ausgabe: 400 Seiten
Verlag: Rowohlt  
ISBN-13:
978-3498001186
Preis: 24,00 EUR
E-Book: 19,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: März 2020
Übersetzer:
pociao und Roberto de Hollanda




Inhalt:
Am Rande einer nordindischen Großstadt befindet sich ein Basti, in dem Handwerker, Bedienstete und Arbeiter leben, sprich das ärmere Volk und dort verschwindet ein Junge. Jai, der ein Faible für Polizei Serien hat, beschließt mit seinen Freunden, die Ermittlungen auf zunehmen und diesen Jungen zu finden. Seine Assistentin ist seine Freundin Pari, die viel klüger ist als er und sein Freund Faiz, der obwohl er den Assistentenjob abgelehnt hat, trotzdem mithilft. Sie hören sich in der Nachbarschaft um, schauen beim verwinkelten Bhoot-Basar vorbei und geben sich als Detektive die größte Mühe. Nur leider bleibt es nicht bei einen verschwundenen Jungen, es folgen noch weitere Kinder und die Situation spitzt sich immer mehr zu. Kommen die drei der Wahrheit näher? Können sie das Verschwinden stoppen? Und wie wird sich das Geschehen auf ihr Leben auswirken?

Meinung:
Dieses Jahr nehme ich mir Literatur vor, die in Gegenden spielt, die ich sonst eher meide. So auch Indien, ein Land was sich von seiner Kultur total abhebt, aber von Armut und ihrer Religion aufgefressen wird. Ich habe da bestimmt ganz viele Vorurteile und wenn man gut betucht ist, wird sich die Schattenseite vielleicht auch gar nicht offenbaren, aber hier haben wir eine Geschichte, die eben im Schatten spielt, und das fand ich gut und wollte es lesen. Außerdem fand ich die Sicht aus Kinderaugen interessant und ganz klar die Detektivarbeit, das war ein Mix, der mich ansprach und ob er mich auch schlussendlich überzeugt hat, erzähle ich euch nun.

Jai und seine Familie leben in einem Basti, das kann man sich eher als Slum vorstellen. Hütten eng an eng gebaut, ein Raum für die ganze Familie, Toiletten nur an einem Ort für alle und die ständige Angst, dass die Bagger kommen und die illegalen Bauten einreißt. Jais Eltern arbeiten beide und er ist den Tag in der Schule. Aber nun ist etwas los im Basti, denn ein Klassenkamerad ist verschwunden und dessen Mutter versucht alles zu unternehmen, um ihr Kind wiederzufinden. Sie fragt jeden, sucht überall und besticht sogar die Polizei, auf der Suche nach Hilfe. Damit macht sie sich selbst keine Freunde, denn die Angst vor dem Abriss geht auch mit der Polizei einher. Aber es passiert nichts, der Junge bleibt verschwunden. Nun ist Jai an der Reihe, er hat alle Dokumentationen und Serien über Detektiv- und Polizeiarbeit gesehen und ist sich sicher, er kann ihn finden. Aber ist es in diesem ganzen Durcheinander überhaupt möglich.

Vielleicht sollte ich mal vorwegnehmen, das Jai neun Jahre alt ist und ein behüteter kleiner Junge, der von den Eltern etwas verhätschelt wird und seine große Schwester eher im Hause mit anpacken muss, als er. So bekommen wir aus seiner Sicht eine ganze Menge an Informationen mit. Der Stand von Mädchen in der Gesellschaft, wie die Eltern arbeiten, die das gemeinsame beengte Leben stattfindet und wie der Zusammenhalt unter den Nachbarn ist. Aber auch die ganzen Schwingungen von Unmut, denn in Indien stehen sie auch nicht alle zusammen, Muslime werden ausgeschlossen, hier sogar der Entführung direkt schuldig bekannt und gemobbt. Diese Geschichte beinhaltet viel mehr als nur die Suche, es beschreibt das Leben, der Ärmsten, der Ärmsten, die am Rande der Gesellschaft leben und den Müllberg vor ihren Füssen haben. Erschreckend, schockierend und so realistisch.

Genau das muss man der Autorin hochhalten, denn Deepa Anappara erzählt in ihrem Debüt, wie die Dinge sind, ohne zu urteilen, den Finger zu heben oder zu ermahnen. Sie verurteilt nicht, sondern beschreibt, führt auf und lässt uns selbst zwischen allen Zeilen eine Meinung bilden. Dazu hat sie die Figuren perfekt ausgewählt, denn durch Kinderaugen sieht man viel Unverblümtes, was diesen selbst noch nicht klar ist und sie so ganz andere Schlüsse ziehen, obwohl die Realität anders ist. Mit Jai haben wir einen aufgeweckten Jungen, frech, lebendig und etwas zu viel von sich selbst überzeugt. Im zur Seite steht Pari, eine sehr kluge Freundin, die die richtigen Fragen stellt, alles aufschreibt und es später mal zu etwas bringen kann, wenn die Eltern sie nicht vorher verheiraten. Und der dritte im Bunde ist Faiz, er ist Muslime und muss um seine Familie zu unterstützen schon arbeiten und er hat ein Faible für duftende Haarprodukte. Diese drei machen viel für die Geschichte, denn sie heitern auf, geben Einblicke mit Herz und lassen das ganze Elend ertragbarer werden.

Die Autorin macht aus dieser Geschichte auch einen gesellschaftlichen Roman über Indien, über Missstände, Korruption, Ausbeutung, Missbrauch, Kriminalität, Glaubensfeindlichkeit und Nachlässigkeit gegenüber ihrer armen Bevölkerung. Die Wertstellung ist ganz klar und leider auch dabei extrem frustrierend, genau das hat mich die Geschichte länger lesen lassen, als ich wollte. Immer wieder musste ich das Buch weglegen und die Schwere in meinem Inneren bekämpfen, das Gefühl der Hilflosigkeit, die Erzählung verarbeiten und die ganzen Fremdwörter für mich sortieren. Es ist seelisch nicht ohne und doch sollten wir alle nicht die Augen davor verschließen.

Die Detektive vom Bhoot-Basar ist ein quirliger Blick ins Leben einer Basti Siedlung. Durch die drei Kinder, die genau hinhören, hinsehen und nicht locker lassen, setzt sich eine Realität von verstörender Klarheit zusammen. Beeindruckend erzählt und ein absolut gelungenes Debüt.
 
Henry und ich fanden diese Geschichte toll erzählt und mit vielen Einblicken bestickt und dafür gibt es vier Bücherpunkte:
 
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Über die Autorin:


Deepa Anappara wuchs im südindischen Kerala auf und arbeitete in Delhi und Mumbai als Journalistin, bevor sie an der University of East Anglia im englischen Norwich Creative Writing studierte. Für ihre Arbeiten zu den Auswirkungen von Armut und religiöser Gewalt auf die kindliche Entwicklung erhielt sie mehrere Preise und Auszeichnungen. "Die Detektive vom Bhoot-Basar", ihr erster Roman, wurde bislang in 16 Sprachen übersetzt und unter anderem mit dem Bridport/Peggy Chapman-Andrews Award, dem Lucy Cavendish Fiction Prize und dem Deborah Rogers Foundation Writers Award ausgezeichnet.
Deepa Anappara lebt in der englischen Grafschaft Essex.

Quelle: Rowohlt Verlag
 

Vielen lieben Dank an den Rowohlt Verlag für das  Rezensionsexemplar. 

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