Mittwoch, 26. Oktober 2022

Rezension: Alex Beer * Felix Blom: Der Häftling aus Moabit


Broschiert: 368 Seiten
Verlag: Limes  
ISBN-13:
978-3809027591
Preis: 17,00 EUR
E-Book: 6,99 EUR
Reihe: 1. Teil
Erscheinungsdatum: Oktober 2022 
 
 
 
 
Inhalt:
Felix Blom wird nach drei Jahren Haft aus Moabit entlassen. Doch wie hat sich Berlin 1878 verändert, kann er ans alte Leben anknüpfen oder muss er neu anfangen? Doch wo soll Felix hin, ärmlich aufgewachsen, wurde er zum Meisterdieb und schwang sich hinauf in die gute Gesellschaft, doch der Fall war hart, denn er wurde für ein Vergehen verurteilt, was er nicht begangen hat. Es ist nicht so, dass Felix ein Unschuldslamm ist, und das kommt ihm nun zu gute. Er schleicht sich ins Leben zurück und landet in der Detektei Voss. Mathilde Voss! Sie hilft ihm und so wollen diese zwei nicht nur neue Fälle aufdecken, sondern auch herausfinden, wer damals Felix ins Gefängnis gebracht hat. Aber nicht nur das hält Felix auf Trab, sondern er bekommt eine Karte mit dem Text, dass er in 30 Stunden eine Leiche sein muss. Wer ist hinter Felix her? Was ist damals vor drei Jahren passiert? Und bekommt Felix sein altes Leben wieder?

Meinung:
Die Autorin Alex Beer hat mich mit ihrer Emmerich-Reihe um den Finger gewickelt und ganz klar hilft die Serie gegen meine Wien-Sehnsucht. Nun hat sie eine neue Reihe an dem Start und diese hebt sich schon ab, da diese in Berlin spielt und ihr Hauptprotagonist ein Ganove ist. Klingt doch spannend und ob mir der neue Reihenauftakt gefallen hat, erzähle ich euch nun.

Felix Blom ist ein Gauner, Charmeur und Lebenskünstler. Der Schatten von Berlin und doch sitzt er in Moabit in Einzelhaft und zählt die Stunden bis zu seiner Entlassung. Endlich, nach drei Jahren kommt er frei und er will endlich wissen, wer ihm das angetan hat, denn er sitzt unschuldig im Gefängnis. Zumindest war er bei diesen Raub nicht mit von der Partie. Nun also darf er wieder auf die Straßen von Berlin und sich sein Leben zurückerobern. Aber die Polizei macht es ihm nicht einfach, er muss innerhalb von drei Tagen eine Bleibe und einen Job nachweisen. Aber Blom wäre nicht Blom, wenn er nicht doch Leute kennen würde, nur hat er sich mit diesen es etwas verscherzt, als er sich in die gute Gesellschaft hinaufgeschwungen hat. Nun muss Felix wieder unter anfangen, ins ärmlichste Viertel von Berlin kommt er unter und dort dreht sich das Schicksal. Denn er fängt in der Detektei Voss an und seine Inhaberin ist Mathilde Voss und auch sie hat es faustdick hinter den Ohren. Zusammen machen sie sich ans Werk, diese Detektei zur besten zu machen und gleichzeitig auch Felix zu helfen, er will aufklären, wer ihm das Verbrechen angelastet hat und dazu kommt noch ein Mörder, der es auf sein Leben abgesehen hat. Kaum ist Felix in Freiheit, da hat er jede Menge zu tun.

Alex Beer hat ein unglaublich gutes Gespür für Setting, Figuren und Spannungsaufbau. Diese Geschichte ist so unglaublich charmant, spielerisch und fantastisch unterhaltsam. Man schlendert mit der Autorin und ihren Figuren durch Zeitgeschichte und empfindet es überhaupt nicht verstaubt, altmodisch oder langweilig. Ganz im Gegenteil, es geht bunt zu, es steigen Gerüche in die Nase und man spürt den Aufbruch in eine neue Zeit. Noch regiert der Adel, noch gibt es große Unterschiede und genau dieses Karussell aus Arm und Reich will Felix Blom durchbrechen. Zumindest glaubte er das, bevor er in Moabit gelandet war. So zeichnet die Autorin viele Schichten von Berlin, Snobs und Dandys kommen dran, aber auch Polizisten und die Ganovenwelt. Besonders herrlich finde ich Alex Beers Figuren, ob nun Chef einer Gaunerbande oder der redliche Polizist mit übernächtigten Augen, alle sprühen vor Leben, sind wunderbar beschrieben und man begleitet jeden gern, so sind die Figurenabwechselnden Kapitel einfach eine wahre Freude. Natürlich ist auch unser Detektiv-Duo herrlich besetzt mit einem charmanten Gauner und einer ehemaligen Prostituierten, die mehr im Leben will, nämlich ihr eigenes ehrliches Geld verdienen. Ein bisschen haben mich die beiden an die 80ziger Serie Remington Steele erinnert und was habe ich diese geliebt. Aber auch der Fall ist gut eingegliedert und hat zum miträtseln so einige unerwartete Kurven parat.

Dieser Auftakt macht mächtig Spaß beim Lesen, es ist Geschichte, Abenteuer und natürlich kommt eine Prise Liebe nicht zu kurz. Felix Blom scheint zwar der Hauptakteur zu sein, aber ich finde alle Figuren toll, das Berlin macht richtig Laune und dieser Spagat zwischen den Welten aus Adel und Gangsterunterwelt erfrischt die ganze Lektüre. Dazu die Fälle an sich, waren gut durchdachten und bauten ganz hervorragend ineinander auf. Ich hatte großes Lesevergnügen.

Felix Blom ist ein gelungener Auftakt mit tollen Figuren, erfrischender Leichtigkeit, dazu ein toller Mix und ein Spannungsbogen, der perfekt eingewebt wurde. Ich hatte riesige Freude beim Leben. Trubelig, spannend, perfekter Lesegenus, wo man sich direkt den nächsten Teil her wünscht.
 
Henry und ich hatten eine richtig gute Lesezeit und vergeben die vollen Bücherpunkte:
 
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Über die Autorin:
 
 
Alex Beer, geboren in Bregenz, hat Archäologie studiert und lebt in Wien. Ihre spannende Krimi-Reihe um den Ermittler August Emmerich ist preisgekrönt – neben zahlreichen Shortlist-Nominierungen (u.a. für den Friedrich Glauser Preis, Viktor Crime Award, Crime Cologne Award) erhielt sie den Leo-Perutz-Preis für Kriminalliteratur 2017 und 2019 und wurde ausgezeichnet mit dem Krimi-Publikumspreis des Deutschen Buchhandels MIMI 2020. Alex Beer wurde außerdem der Österreichische Krimipreis 2019 verliehen. Neben dem Wiener Kriminalinspektor hat Alex Beer mit Isaak Rubinstein eine weitere faszinierende Figur erschaffen, die in der Reihe »Unter Wölfen« während des Zweiten Weltkriegs in Nürnberg ermittelt.
 
Quelle: Limes Verlag
 

Vielen lieben Dank an den Limes Verlag für das  Rezensionsexemplar.
 

Dienstag, 25. Oktober 2022

Rezension: Beatrix Kramlovsky * Frau in den Wellen

Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: hanserblau
ISBN-13: 
978-3446274792
Preis: 25,00 EUR
E-Book: 18,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: September 2022 
 
 
 
 
Inhalt:
Dr. Joni Lanka lebt ein unkonventionelles Leben und das schon von Kindesbeinen an. Sie ist stark, kämpft für ihre Ansichten und ist auch bereit, Opfer zu bringen. Für ihren Beruf reist sie um die Welt, lässt sich von Männern nicht klein bekommen, nein, behauptet sich sogar. Aber es ist kein leichter Weg und so ist der Drahtseilakt zwischen Familie, Kindern und Karriere nicht immer einfach zu begehen. Erst recht, wenn die Balance aus dem Ruder läuft, wenn ihr eigenes Leben durch eine Dummheit ans Licht der Öffentlichkeit gerät und von dieser zerrissen wird. Joni muss wieder fest stellen, dass die Welt für so eine Frau noch nicht bereit ist und das es wichtiger den je ist, für ihre Unabhängigkeit zu kämpfen. Wie funktioniert das Leben von Joni? Welche Opfer kostet es sie? Und was ist passiert, das alles aus den Fugen geraten lässt?

Meinung:
Für mich ist es das zweite Buch von der Autorin, was ich lese. Mit „Fanny oder Das weiße Land“ hatte mich Beatrix Kramlovsky unglaublich beeindruckt. Diese Geschichte oder besser noch die Reise von Kriegsgefangenen, die in ihre Heimat zurückkehren, hat mich mitgenommen, sprachlich angetan und tief berührt. Und nun kommt sie mit so einer ganz anderen Geschichte, das hatte mich so überrascht und doch auch fasziniert, was wird sie hier erzählen, wie wird sie die Geschichte aufbauen und kann es mich genauso ergreifen? Das war die große Frage und die Antwort liefere ich euch jetzt.

Diesmal war der Einstieg für mich in die Geschichte nicht ganz einfach. Ich wusste nicht so recht, was Joni mir erzählen wollte, worauf wir hinarbeiten, und ich konnte Joni auch nicht zu erst greifen. Aber als dann die Verhöre ins Spiel kamen, wurde es interessant, machte neugierig und man wollte mehr über diese Frau wissen und was vorgefallen ist.

Jedes Kapitel ist einem Mann aus ihrem Leben gewidmet und erzählt nicht nur im Einstieg, wie es ihr jetzt geht, sondern schweift auch in die Vergangenheit, wo sich die Wege kreuzen und erklärt, wie Joni zu der Frau wird, die sie heute ist. So lernen wir von Joni, dass sie im Hier und Jetzt, eine Frau ist, die sich in einer Männerwelt behauptet. Sie spielt ganz oben mit, ist eine Art Analytikerin und arbeitet für Regierungen und bleibt so gern im Hintergrund. Aufgewachsen ist sie mehr bei ihrer Tante, da ihre Eltern irgendwie mehr Hippies waren und sich gern ein Stück Freiheit gönnten. Tante Federspiel war da ganz anders und sie ebnete Jonis Lebensweg. Als junge Frau macht sie eine Weltreise und begegnet dabei ihren Mann Georg, das Resultat zwei Kinder und das Leben als Botschaftsfrau. Doch sie will mehr, sie möchte sich beruflich verwirklichen und geht dazu einen unkonventionellen Weg. Sie studiert, lässt die Tochter bei den Schwiegereltern und versucht den Spagat als Mutter und Karrierefrau zu meistern. In ihrem Leben tauchen so viele Personen auf, aber nur eine Handvoll sind ihre engsten Vertrauten und dann findet sie einen Ort, denn sie Heimat nennen könnte und einen Mann, der zu ihren Leben passt. Doch die Zeit, wo man im Verborgenen leben konnte, sind vorbei und so gerät Joni‘s Leben an die Öffentlichkeit und wird zum Zerrbild der Gesellschaft.

Diese Geschichte hat so viele Themen, das man gar nicht weiß, wo man ansetzen soll. Und man muss lange darüber nachdenken, in sich gehen und es sacken lassen. Das eine große Thema ist mit Gewissheit die Emanzipation. Joni lebt ein Männerleben, ist viel unterwegs und lässt die Kinder bei ihren Mann, was in der Männerwelt völlig normal ist, zerreißt man bei einer Frau. Rabenmutter! Karrierefrau! Männerweib! Und das kann man endlos weiter ausführen. Warum kann man nicht beides? Sind wir nicht in einem Zeitalter, wo wir solches Denken abgelegt haben? Und habe nur ich das Gefühl, oder treten wir immer mehr erkämpfte Rechte wieder ab. Die Entwicklung schaudert mich und dabei lebe ich doch in einem Land mit Frauenrechten und bin privilegiert. Unterschwellig spielen hier auch Rassismus, eine große Rolle, nationalsozialistische Politik und anonymes Mobbing. Mobbing im Netz und seine Auswirkungen. Wie niedrig die Hemmschwelle ist, wie abartig feindlich die Mitmenschen ihre Meinung kundtun und wie schnell alles zu einem großen Hassmob werden kann. Und was noch mehr schockiert, das man sich nicht wirklich wehren kann. Ein großes Problem unserer Zeit und hier wirklich anschaulich und sehr eindringlich beschrieben.

Beatrix Kramlovsky hat mit ihrer Protagonisten ein wunderbares Abbild unserer Gesellschaft beschrieben. Wie gern präsentieren wir uns als Freidenkenden, tolerant, vorurteilsfrei und weltmännisch, sind es aber nicht. Wie oft lässt man sich mitreißen, ohne nachzudenken und vergisst dabei, sich selbst zu informieren. Und gerade die anonyme Socialwelt ist ein Molch an Hass und Anfeindungen. Eine wirklich tolle Geschichte, ein großes Statement, obwohl es wirklich zu viele Eckpunkte gab, um diese zu verarbeiten. Lasst uns bitte für unsere Werte einstehen, kämpfen und solche Bücher sind dazu sehr wichtig.

Frau in den Wellen ist ein gesellschaftlicher Roman, der aufzeigt, das wir noch viel für unser Recht machen müssen und das wir uns Mobbing viel mehr stellen müssen. Aktuell, klug und beeindruckend.
 


Henry und ich mussten noch lange über diese Geschichte nachdenken und vergeben vier Bücherpunkte:  
 
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Über die Autorin:
 
 
Beatrix Kramlovsky, geboren 1954, lebt als Künstlerin und Autorin in Niederösterreich. Von 1987 bis 1991 lebte sie in Ostberlin, wie Joni in Frau in den Wellen. Bei hanserblau erschienen bisher ihre Romane Die Lichtsammlerin und Fanny oder Das weiße Land
 

Vielen lieben Dank an den hanserblau Verlag für das  Rezensionsexemplar. 
 

Mittwoch, 12. Oktober 2022

Rezension: Jane Austen * Überredung - Die Liebe der Anne Elliot

Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
Verlag: Coppenrath  
ISBN-13:
978-3649642411
Preis: 30,00 EUR
E-Book: 2,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: Juli 2022
Übersetzer*in: Gisela Reichel
Illustrator*in: Marjolein Bastin
 
 
 
 
Inhalt:
Anne Elliot ist eine unscheinbare Frau, so unscheinbar, dass sie von ihrer Familie gar nicht wahrgenommen wird und so immer nur im Schatten ist. Das war mal anders, da war sie verliebt und erblühte förmlich und das lang an einem jungen Mann, Frederick Wentworth. Leider war er ein mittelloser Seemann und so wurde Anne überredet, die Verlobung sein zu lassen. Seitdem kümmert sich Anne im Hintergrund um die Familie, während Vater und ihre ältere Schwester nur an ihrem Hochmut feilen, ist die jüngste Schwester verheiratet und lässt Anne oft zu sich kommen. So geschieht es eines Tages, dass die Familie Elliot ihren Landsitz verpachten muss und wie das Schicksal es so will, ist die Frau vom neuen Pächter die Schwester von Frederick. Es ist unumgänglich, dass sich die einstigen Liebenden wieder treffen. Aber sind da noch Gefühle? Kann es eine neue Chance für diese beiden geben? Oder stehen zu viele Missverständnisse zwischen ihnen?

Meinung:
Was soll ich hier noch schreiben, es ist ein Jane-Austen-Roman und ich liebe Jane Austen. Nun liegt ihr letztes Werk in meinen Händen und ihr könnt euch meine Vorfreude gar nicht vorstellen, besonders bei diesem Prachtstück aus dem Coppenrath Verlag. Somit stimmt schon ein Mal die Verpackung, geschmackvoll, ein bisschen verspielt und mit viel Liebe gestaltet. Jetzt muss noch der Inhalt passen und ich bin mehr als nur ein Fangirl. Und ob es wieder gefunkt hat, erzähle ich euch nun.

Zu Beginn erfahren wir von der Familie Elliot, dass sie verschwenderisch leben, der Herr Papa recht eitel ist und viel über das Äußere spricht, sogar darüber urteilt. Seine älteste Tochter steht ihm damit total bei und so lassen sie ihren Hochmut über jeden kommen, der der Gesellschaft vorstellig wird. Als das Vermögen der Familie immer mehr in Schieflage gerät, versuchen Anne und eine gute Freundin der Familie Vorschläge zur Sparsamkeit zu machen und Lösungen einzustreuen, die aber auf wenig Anklang stoßen, denn sie wollen auf nichts verzichten. So muss die Familie Elliot ihren Landsitz verpachten und nach Bath ziehen. Der neue Mieter muss natürlich passen und so lamentiert Annes Vater und am Ende ist es doch ein Admiral der Marine. Das ist wohl annehmbar, aber Annes Herz schlägt schneller als sie hört, das die Frau vom Admiral, die Schwester von Captian Frederick Wentworth ist. Ihrer ersten großen Liebe, der sie vor sieben Jahren begegnet ist und dessen Antrag sie abgelehnt hat, weil alle gegen diese Verbindung waren, seitdem ist Anne blasser geworden, hält sich lieber im Hintergrund und sogar einen weiteren Antrag lehnt sie ab. Nun soll Anne zurückbleiben, alles regeln und dann zu ihrer jüngeren Schwester fahren und sich um sie kümmern, bevor es auch für sie nach Bath gehen soll. Dort begegnen sich die einstigen Liebenden wieder.

Mehr muss ich doch nicht verraten, oder? Jane Austen zeichnet hier eine Liebesgeschichte, die, glaube ich, zu dieser Zeit am nächsten kommt. Denn nicht die Liebe darf Entscheidungen treffen, sondern die Familie, die Vertrauten und so manches Herz blieb wohl gebrochen zurück. So auch die junge Anne, deren Stand in der Familie schwierig ist, weil sie nicht hübsch genug ist oder auffällig genug, um im Mittelpunkt zustehen. Aber für einen jungen, mittellosen Seemann, der sein Herz an Anne verschenkt hat, ist das absolut keine Option für eine Heirat. So hat sich Anne überreden lassen und sieht seit dem den anderen beim Leben zu. Erst bei dem erneuten Aufeinandertreffen, was sie tunlichst versucht zu vermeiden, steht sie zu ihren Gefühlen und erwacht aus ihren Winterschlaf. Aber so einfach ist es natürlich in der Gesellschaft nicht, da gibt es Missverständnisse, Eitelkeit und manche dumme Entscheidung wegzumachen. Frederick und Anne haben es nicht leicht auf dem Parkett des Lebens und müssen auch ein zweites Mal mit sich und ihrem Umfeld kämpfen.

Jane Austen hat hier eine ruhigere Geschichte zu Papier gebracht, die aber an Charme und Witz genauso erstrahlt wie ihre anderen Geschichten. Hier zeigt sie das harte Los einer jungen Frau aus gutem Hause, auf welche Bürde sie tragen muss und doch nichts selbst bestimmen kann. Wie die Gesellschaft und gut gemeinte Ratschläge Einfluss nehmen und das eigene Glück keinen Pfifferling wert ist. Der Ruf der Familie, der Anstand und das Betragen stehen eher im Vordergrund. Und dann gibt es neue Verkettungen und man geht einfach mit, man steht Anne beiseite und hofft, das ihre Versuche, das damalige wieder gut zu machen und ihre Gründe ins richtige Licht zubringen mögen von Erfolg gekrönt sein. Es ist ja gar nicht so einfach, mit dem Mann zu sprechen und ihm die Wahrheit der eigenen Gefühle zu offenbaren. Diese Zeit ist wirklich ein Parkett aus Umtanzen, Flüstern und Briefe schreiben. Für mich wieder ein absoluter Genuss und was habe ich mich amüsiert. Übrigens hat mir gefallen, dass es wieder eine verarmte Adelsfamilie ist, aber toll fand ich mal einen Captain der Marine zu haben, denn diese Welt ist auch mächtig interessant und Jane Austen hat da Erfahrung mit, denn ihr Bruder gehört dieser an.

Noch ein paar Worte zur Gestaltung, denn das muss gesagt werden, sie ist traumhaft schön. Dazu die ganzen hübschen Einlagen und diese sind nicht nur hübsch und passend, sondern führen einen die Zeit noch besser vor Augen. So gab es Fachbegriffe aus der Marine, Anleitungen für junge Damen oder ein paar Daten aus dem Leben der Autorin. Politisch, weltmanisch, sehr passend. Fand ich total großartig und sehr überlegt.

Überredung - Die Liebe der Anne Elliot ist einfach eine großartige Geschichte, über zweite Anläufe, das eigene Glück zu finden und dafür zu kämpfen. Charmant, klug und mitreißend auf eine ruhige Art.
 
 
Henry und ich haben dieses Schmuckstück sehr genossen und vergeben die vollen Bücherpunkte:
 
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Über die Autorin:
 
 
In Jane Austens Romanen spiegeln sich die gesellschaftlichen Verhältnisse ihrer Zeit in einzigartiger Klarheit. Eine Frau – ob adelig oder nicht – hatte nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, sich in Beruf oder gesellschaftlichem Engagement zu entfalten. Nur durch die Heirat mit einem reichen und weltoffenen Ehemann konnte sie eine gewisse Freiheit erlangen. In diese Zeit wurde Jane Austen am 16. Dezember 1775 geboren als siebtes von insgesamt acht Kindern eines englischen Pfarrers. Es war eine belesene und gebildete Familie, zwei ihrer Brüder brachten es gar zum Admiral. Ihr selbst hingegen gelang das Kunststück, ihre Verlobung einen Tag später wieder zu lösen und trotz schwerer Krankheit ein relativ unabhängiges Leben als unverheiratete Frau zu führen.

Quelle: Amazon


Vielen lieben Dank an den Coppenrath Verlag für das  Rezensionsexemplar.
 

Freitag, 7. Oktober 2022

Rezension: Antti Tuomainen * Das Elch-Paradoxon

Broschiert: 336 Seiten
Verlag: Rowohlt  
ISBN-13:
978-3498002626
Preis: 18,00 EUR
E-Book: 9,99 EUR
Reihe: 2. Teil
Erscheinungsdatum: September 2022
Übersetzer: Niina Katariina Wagner und Jan Costin Wagner

 
 
 
 
Inhalt:
Henri Koskinen hat nicht nur den geerbten Abenteuerpark gerettet, nein, auch sein Leben hat Schwung bekommen, aber es steht noch viel Arbeit an. Der Park muss für die Kinder attraktiver bleiben als die Konkurrenz und dafür benötigt man eine neue Attraktion, die Elchschanze! Zum Glück hat „MeinDeinFun“ einen Exklusivvertrag mit der Finnischen Spiele AG und Henri ist zuversichtlich, das sie bald Besitzer von diesem tollen Spielgerät sein werden, der den Park in die schwarzen Zahlen führt. Aber das wäre alles zu einfach für Henri und seinem mathematischen Denken. Die neuen Firmeninhaber wollen den Park die Elchschanze nicht verkaufen. Aber warum? Dann taucht eine Figur aus Henris Vergangenheit auf, die sein Leben noch komplizierter macht. Warum nur? Und auch die Beziehung zu Laura ist für seinen Geschmack nicht hundertprozentig fest genug. Und warum rennt Henri schon wieder um sein Leben?

Meinung:
Antti Toumainien ist definitiv ein Autor, den ich gerne lese und der mich immer mit seinen abgefahrenen Geschichten, seinem Slapstick-Humor und seiner Betrachtung seiner Figuren begeistern kann. Diesmal kenne ich schon seinen Hauptprotagonisten und bin gespannt, was Henri in seinem zweiten Abenteuer erleben wird. Ob ich mich köstlich amüsiert habe, erzähle ich euch nun.

Eigentlich sollte man ja meinen, dass Henri alles im Griff hat. Immerhin ist er bei der Rettung des Abenteuerparks nicht nur einmal von der Schippe des Todes gesprungen, sondern hat sich auch noch mit der Unterwelt angelegt und hat es überlebt. Nein, sein geerbter Park schreibt langsam schwarze Zahlen, aber das liegt auch daran, dass er auf alles verzichtet und sich für die Zukunft ins Zeug legt, denn der Kampf ist noch nicht vorbei. Sie benötigen einfach die eine Attraktion, die kein anderer Park hat und daran arbeitet Henri mit Hochdruck. Natürlich stellen sich ihm wieder ungeahnte Probleme in den Weg und die kriminelle Energie in seiner Umgebung nimmt nicht ab. Diesmal schlingert aber unser Held und sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht, wird abgelenkt und lässt sich blenden. Wie gut, dass er da eine Frau an seiner Seite hat, der er sich wie immer viel zu spät öffnet und seine Unfähigkeit, über Gefühle zu sprechen, wegmacht. So taumelt Henri zuerst, rappelt sich auf, wird überrascht und nimmt den Kampf auf. Und lässt so manche Gleichung aufblitzen.

Dieser Autor schafft es immer, einen mit seinem Humor zu packen, skurrile Geschichten zu verweben und Figuren mit Herz zu erfinden. Mit Henri trifft er genau ins Schwarze, dieser Kerl ist Mathe, er kann mit zwischenmenschlichen Gefühlen nicht viel anfangen und interpretiert somit die eine oder andere Situation falsch. Aber das macht ihn auch wieder zu einer ehrlichen Haut und absolut liebenswürdig. Dazu noch seine Gefühle für Laura und man ist entzückt von seiner Tollpatschigkeit. Überhaupt finde ich ihre Dates entzückend und klasse, wie Laura mit ihm umgeht und wie er so einfach Dinge sagt, die einem zum Schmunzeln bringen. Dazu noch sein Team im Abenteuerpark, was er glaubt, verloren zu haben und was in unglaublich traurig macht, das er seinen Mut verliert. Dazu noch die neuen Kriminellen, die Firmen aufkaufen und andere auch Bluten lassen wollen, wo Henri natürlich ganz cool reintappt und sich darin verfängt. Tja, und von der Figur, die auftaucht, ist er mehr als nur überrascht, es überfordert unseren Mathematiker überaus. Es ist ein wahrer Klamauk, das zu lesen.

Antti Tuomainen hat es einfach drauf klasse zu erzählen, packende Geschichten zu erfinden, die Menschen in die unmöglichsten Situationen zu verstricken und mit einer wilden Fahrt durch die Buchseiten zu jagen. Hier sitzt der Schalk, hier passen die Pointen und auch die Spannung kommt nicht zu kurz. Allein die Beobachtungsgabe für Menschen und die Unterschiede zu beschreiben ist einfach großartig und macht so Freude. Wer sich mal so richtig schön vom Alltag ablenken will, der sollte diesen Finnen zur Hand nehmen und sich auf zu einem Abenteuerpark machen. Es ist unglaublich, was so ein Park alles aushalten kann. Ob Henri nun endlich alles im grünen Bereich hat, ist fraglich und vielleicht gibt es doch noch ein Wiedersehen. Ich würde sofort ein Ticket lösen.

Das Elch-Paradoxon unterhält aufs Feinste, lässt Situationskomik glänzen, ist skurril, spannend und hat alles für gute Lesestunden parat. Ich mag es total gern.
 
Henry und ich hatten eine richtig gute Lesezeit und vergeben die vollen Bücherpunkte:
 
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Über den Autor:
 
 
Antti Tuomainen, Jahrgang 1971, ist einer der angesehensten und erfolgreichsten finnischen Schriftsteller. Er wurde u.a. mit dem Clue Award, dem finnischen Krimipreis, ausgezeichnet, seine Romane erscheinen in über 25 Ländern. Antti Tuomainen lebt mit seiner Frau in Helsinki.
 
 
Henri Koskinen - Reihe:
 

 1. Teil I Rezension

Vielen lieben Dank an den Rowohlt Verlag für das  Rezensionsexemplar.