Donnerstag, 28. April 2022

Rezension: Taylor Jenkins Reid * Die sieben Männer der Evelyn Hugo

Taschenbuch: 464 Seiten
Verlag: Ullstein
ISBN-13
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978-3548066738
Preis: 10,99 EUR
E-Book: 9,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: März 2022
  
Übersetzer*in: Babette Schröder
 
 
 
 
Inhalt:
Monique Grant ist Journalistin bei einer der größten Zeitschriften, nämlich dem Vivant. Allerdings hält sich ihr Erfolg in Grenzen und sie braucht endlich eine richtig gute Story. Und als ob das Schicksal ihr flehen erhört hätte, soll ausgerechnet sie die Filmikone Evelyn Hugo interviewen. Monique ist total aus dem Häuschen und fragt sich die ganze Zeit, warum ich, warum besteht Evelyn Hugo auf mich? Nervöse und aufgeregt macht sie sich auf dem Weg und wird total überrascht. Evelyn Hugo möchte auspacken über ihr Leben, ihre sieben Ehemännern, ihren Erfolg, aber nicht in einem Interview, nein, sie möchte das Monique eine Biografie schreibt und erst nach ihrem Tod veröffentlicht. Was für eine Aufgabe, was für eine Wahnsinnsstory und Moniques Durchbruch. So lässt sich die Journalisten auf den Deal mit dem Filmstar ein und ahnt da noch nicht, dass das auch ihr Leben beeinflussen wird. Was hat Evelyn Hugo zu erzählen? Was ist das Geheimnis ihres Lebens? Und wo darin taucht die Verbindung mit Monique auf?

Meinung:
Man kommt einfach nicht an Taylor Jenkins Reid vorbei, ihre Bücher tauchen überall auf, letztes Jahr durch Daisy Jones & The Six und nun mit Evelyn Hugo, ein wahrer Hype jagt durch die virtuelle Bücherwelt. Natürlich ist das nicht an mir vorbeigegangen und weckte meine Neugier. Ausgesucht habe ich mir nun Evelyn Hugo, um die Autorin kennenzulernen, denn die schöne Welt der Reichen und Berühmten ist, doch immer mal einen Blick hinter die Kulissen wert. Ob ich mich nun diesem Hype anschließen kann, erzähle ich euch nun.

Der Beginn ist klar, eine Legende versteigert ihre Kleider und tritt somit wieder in den Schein der Öffentlichkeit, und alle geraunten Geheimnisse und geschriebenen Skandale erwecken wieder die Neugier der Menschen. Was steckt hinter dieser erfolgreichen Frau dieser Filmikone, die sich immer wieder neuentdeckt hat und sogar einen Oscar ihr eigen nennen kann. Aber noch viel interessanter, wie kam es zu sieben Ehemännern und wer davon war die Liebe ihres Lebens, alles Fragen, alles Vermutungen, die sich die Menschen da draußen stellen und sich das Licht der Wahrheit wünschen. Ein Stück Glamour, ein Stück Erfolg, ein Stück ihrer Schönheit und jede Menge Klatsch und Skandale für die Raubtiere Namens Leserschaft. Dabei ist Evelyn Hugo als armes Mädchen zur Welt gekommen. Ihre Mutter ist früh gestorben, hat aber dem Traum von der Schauspielerei in ihrer Tochter hinterlassen. Früh erkannte das junge Mädchen, das ihr Körper sie zur begehrenswerten Frau macht und sie diesen nur geschickt einsetzen muss, um zu bekommen, was sie wollte. Und das Erste, was sie wollte, war, den Vater zu verlassen und nach Hollywood zu kommen und so beginnt die Erfolgsgeschichte von Evelyn Hugo. Mehr möchte ich nicht verraten, denn Rest müsst ihr selber lesen.

Taylor Jenkins Reid hat es geschafft, dass ich das Buch nicht aus den Händen legen konnte. Ich bin regelrecht dran kleben geblieben und musste immer mehr, mehr, mehr lesen. So ist das ein Buch, was einen förmlich in einen Lesesog hineinzieht und die alte Welt der Stars und Sternchen wieder aufleben lässt. So ein bisschen hat man Marilyn Monroe vor sich, denn auch Evelyn wird als Sexbombe betitelt und hat damit ihren Ruf weg. Aber auch an Elizabeth Taylor denkt man, immerhin war diese Acht Mal verheiratet und man fragt sich, was steckte bei ihr dahinter. Ganz klar ist, wenn man Erfolg haben will, muss man auf sich aufmerksam machen und das klappt halt nicht immer nur mit Talent, man muss sich auch verkaufen können und so eine Ehe ist doch herrliche Publicity. So ist Erfolg im Film auch immer eine Gratwanderung zwischen Talent, Glück und dem Interesse des Publikums geschuldet. So muss der Schein gewahrt werden und die Figur Evelyn hat einiges zu verbergen und hat das Geschick zu wissen wie. So tanzen wir durch die 50-, 60-, 70- und 80iger Glamourwelt der Reichen und Schönen.

Aber nicht nur das sind Themen in diesem Buch, sondern es taucht auch schwerer Stoff auf wie die Rassenfeindlichkeit und LGBTQ+ Bewegung. Alles wird im Wandel der Zeit dargestellt, vom Tabu zum Kampf, zur öffentlichen Wahrnehmung und dem Recht auf Gleichstellung mit der Hetero weißen Gesellschaft. So steckt in Evelyn Hugo eine Frau im Wandel der Zeit, die weiß, was sie will und wie sie darum kämpfen muss. Und doch ist sie mir nicht sympathisch, einiges kann ich nicht nachvollziehen und so bleibt sie für mich oft etwas kalt und überzeichnet. Vielleicht muss das so und damit konnte ich auch am Ende leben, denn Monique fand ich noch einen ticken schlimmer, dieses Kleinmädchen Verhalten und dann großes Selbstbewusstsein. Na ja, sie waren beide nicht mein Fall und trotzdem war das Buch klasse, die Klatschpressen Einschübe gut gewählt, das Drama gut gesetzt und die Unterhaltungskurve richtig gut ausbalanciert. Somit ein richtiges gutes Buch zum Wegsuchten, mit Glanz, Glitzer und Abgründen, so könnte doch die Hollywoodwelt aussehen.

Die sieben Männer der Evelyn Hugo ist ein Blick hinter die Kulissen einer Hollywooddiva, unterhaltend, schockieren und mit einer absoluten Sogwirkung. Es ist halt nicht alles Gold, was glänzt.

 
Henry und ich schwebten auch über den Glitzer-Laufsteg und dafür gibt es vier Bücherpunkte:

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Über die Autorin:
 

 
Taylor Jenkins Reid wurde in Massachusetts geboren, studierte am Emerson College in Boston und lebt heute mit ihrem Mann in Los Angeles. Bevor sie ihr erstes Buch Neun Tage und ein Jahr schrieb, war sie für verschiedene Zeitungen tätig. Ihr Roman Daisy Jones and The Six verhalf ihr zu internationalem Durchbruch, wurde in über zwanzig Länder übersetzt und stand auf zahlreichen Bestsellerlisten. 
 
 
Vielen lieben Dank an den Ullstein Verlag für das  Rezensionsexemplar.
 

Dienstag, 26. April 2022

Rezension: Mario Giordano * Terra di Sicilia: Die Rückkehr des Patriarchen

Gebundene Ausgabe: 544 Seiten
Verlag: Goldmann
ISBN-13: 
978-3442315604 
Preis: 22,00 EUR
E-Book: 15,99 EUR
Reihe: 1. Teil 
Erscheinungsdatum: März 2022

 
 
 
 
Inhalt:
Barnaba Carbonaro kehrt mit über 80 Jahren in sein geliebtes München zurück und besucht die Familie seines Sohnes. Im Gepäck hat er nichts und doch scheint er einen Plan zu haben. Für seinen Sohn und dessen Familie steht das berühmte Familienfoto an, aber keiner glaubt den älteren Herrn, dass das der einzige Besuchsgrund ist. Und richtig, Barnaba hat noch etwas Großes vor, denn noch nicht alles, was er sich im Leben vorgenommen hat, ist erledigt. Und so erzählt er seiner Enkelin Maria von seinem Leben, von seiner bettelarmen Kindheit, seinen Träumen, seiner Sehnsucht und von Zitrusfrüchten. Wie er sich als Analphabet zum großen Händler auf dem Münchner Großmarkt hochgearbeitet hat. Vom Zufall, vom Glück, aber auch vom Niedergang und den bodenlosen Fall. Ein bewegtes Leben und doch merkt er erst jetzt, was er als Patriarch alles geschafft hat. Also warum ist Barnaba wirklich im München? Wird der große Ossobuki noch mal einen großen Wurf landen? Und welche Geheimnisse wird er offenbaren? 

Meinung:
Mario Giordano hat mir damals mit seiner Poldi Reihe, die ich viel zu spät entdeckt hatte, aber die mich im ersten Lockdown begleitet, unheimlich gut gefallen. Welch ein Witz, welch ein Spaß und einfach beste Unterhaltung. Dort hatte er schon immer den großen italienischen Familienroman angedeutet und nun hat er es wirklich geschafft und ein richtiger Schinken ist es geworden. Ob er mir damit die Lesezeit versüßen konnte, erzähle ich euch nun.

Barnaba ist der Sohn eines ehemaligen Priesters, der die Finger nicht von der Schneidertochter Pancrazia lassen konnte. Gemeinsam ziehen sie nach Taormina und dort im kleinen Dorf, im Nirgendwo in Sizilien beginnt die große Heldensage von Barnaba. Dieser kleine Junge hat Großes vor, er will in Reichtum ersticken, er will ganz nach oben und er hat das Zeug dazu. Bettelarm geht er lieber auf die Zitrusplantagen als in die Schule und sein unglaublicher Rechensinn ebnet ihm so manchen Weg. Natürlich läuft nicht alles glatt in seinem Leben, aber es ist vollgestopft mit jeder Menge Leben, Liebe, Wut, Zorn, Streit, Macht und dem Schicksal. So wird mancher Plan missglücken, sich andere Wege auftun und doch so einige Lebenswege sich erneut kreuzen. Barnaba hat viel vor im Leben und versucht sich im Sizilien einen Namen zu machen, und als ihm das gelingt und er sich endlich als Geschäftsmann beweist und München kennenlernt, schmeckt er auch den Geschmack der Freiheit. So pendelt sein Leben zwischen Familie und Sehnsucht hin und her und hat viele Überraschungen für ihn parat. Barnaba muss kluge Entscheidungen treffen und das ist nicht immer so einfach.

Mario Giordano hat hier den Anfang eines Familienepos geschaffen, der mit Gegensätzen der Zeit spielt und einen Protagonisten geschaffen, der diese Zeiten verdammt gut durchschifft, ein Lebenskünstler und Rechengenie. So lernen wir das ärmliche Sizilien kennen, die Machtverhältnisse zwischen Mafia und Bevölkerung, aber auch den Glauben an Wunderheilung und welche Macht eine sizilianische Mutter hat. Überhaupt, was es bedeutet, ein Patriarchat zu sein und welche Aufgaben dieser hat. Erstaunlich gut ist der Unterschied beschreiben, wie Barnaba seine Familie führt und sein Sohn Nino eine liebende Familie hat. Auch das Frauenbild kommt hier nicht zu kurz, obwohl sie immer hinter dem Mann steht und sich der Entscheidung des Mannes fügen muss, wird seine Enkelin Maria Geschäftsfrau und überrascht ihren Großvater mit guten Ideen. Dazu noch der Tanz durch die Geschichte mit zwei Kriegen und jede Menge Geister, die unseren Hauptprotagonisten begleiten. Somit gibt es einiges zu erzählen und das der Autor daran Freude hatte, merkt man sehr.

Dieses Buch ist mit viel Humor, Charme und Augenzwinkern geschrieben, dabei wird viel unterhaltsames erzählt und auch so einige Spannung aufgebaut. Man muss Barnaba einfach mögen, diesen kleinen Mann, der sich geschickt durch die Jahrzehnte bewegt und sich trotz seiner mangelnden Ausbildung bewährt. Ein richtiges Schlitzohr, vor dem man sich in acht nehmen muss, dem man aber auch Vertrauen kann. Ein richtiger Abenteuerroman über Zitrusfrüchte und dem Aufbau eines kleinen sizilianischen Familienclans. Der Autor erzählt hier geschickt, lebendig und farbenfroh. Er lässt seinen Leser förmlich in die Seiten eintauchen und dabei den Geruch von Mandarinen riechen und die Süße schmecken. Allerdings hat der Roman für mich auch kleine Längen, an manchen Stellen war es doch recht ausschweifend und manche Szenen, die einen sehr interessiert hätten, lässt er weg und erwähnt sie in einem Beisatz. So ist der Anfang opulent, überschwänglich und extrem ausgeschmückt und die letzten Jahre in Zeitraffer vom 50 Seiten abgehandelt, fand ich ein bisschen Schade. Man erfährt zwar alles, aber es hat nicht die gleiche Leichtfüßigkeit. Nun muss ich leider Barnaba verlassen und bin aber auch hocherfreut, das im nächsten Teil die Damen an die Reihe kommen. Machen wir uns nichts vor, die haben bestimmt noch mehr auf dem Kerbholz als der Held zu Beginn dieser Familiensaga.

Terra di Sicilia ist der Auftakt zu einer Familiensage, lebendig, humorvoll, farbenfroh und geruchsintensiv erzählt. Ein Sommerroman für die perfekte Urlaubsstimmung und eine Reise durch die Zeit.
 
Henry und ich hatten amüsante und aufregende Lesestunden und dafür gibt es vier Bücherpunkte:
 
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Über den Autor:
 
 
Mario Giordano, geboren 1963 in München, ist Schriftsteller und Drehbuchautor. Seine Romane sind in über 15 Sprachen übersetzt worden, mit seinen »Tante Poldi«-Krimis stand er in Deutschland und den USA regelmäßig auf den Bestsellerlisten. Zudem verfasste er u.a. die Romanvorlage und das Drehbuch zu »Das Experiment« sowie Bilder- und Jugendbücher. »Terra di Sicilia« basiert auf der Geschichte seiner Familie. Mario Giordano lebt in Berlin.
 
 
 
Vielen lieben Dank an den Goldmann Verlag für das  Rezensionsexemplar. 
 

Donnerstag, 7. April 2022

Rezension: Delphine de Vigan * Die Kinder sind Könige

Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: Dumont
ISBN-13: 
978-3832181888 
Preis: 23,00 EUR
E-Book: 17,99 EUR
Reihe: 1/1 
Erscheinungsdatum: März 2022
Übersetzer: Doris Heinemann 

 
 
 
 
Inhalt:
Mélanie ist gerade dabei eine neue Story für Instagram hochzuladen, als ihr kleiner Sohn Sammy von draußen hereinkommt und seiner Mutter aufgeregt berichtet, das er seine kleine Schwester Kimmy nicht finden kann. Sofort bricht Panik aus, der ganze Wohnkomplex wird abgesucht und schlussendlich, die Polizei alarmiert. Immerhin sind Mélanie und ihre Kinder berühmte Persönlichkeiten, denn sie sind erfolgreiche Youtuber mit Millionen von Fans und einem Einkommen, was sie lieber Verschweigen würden. Für die Polizei unentdecktes Neuland, so untersuchen sie die Familie, deren Umgebung und stutzen daran, das es noch keine Lösegeldforderung gibt. Die Polizistin Clara übernimmt derweil die Analyse der online Präsents und entdeckt so einiges. So bemerkt sie das Kimmy immer weniger in die Kamera schauen möchte und auch das hohe Pensum an Onlineaktivität. Nur hilft das, um Kimmy zu finden? Wo könnte die Kleine stecken? Oder hat sie einer von den Millionen an Fans entführt?

Meinung:
Delphine de Vigan ist eine Autorin, die sich immer aktuellen und heiklen Themen annimmt, um die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, und haut einen damit immer um. Ich muss gestehen, ich habe hier noch nicht einmal den Klappentext gelesen, sondern einfach angefangen zu lesen, weil es ein Vigan ist. Und was soll ich sagen, das hat mich umgehauen und warum versuche ich, euch jetzt zu erzählen.

Mélanie ist ein Kind der „Big Brother“ Ära, dem Trash-TV und den ganzen anderen Abkömmlingen dieser Zeit und fortwährend neuer Formate. Sie selbst hat sich oft auch in solchen Sendungen gewünscht, aber bei den Castings immer eine Absage erhalten. Ihr einziger Erfolg war gekrönt von zwanzig Minuten Öffentlichkeit, einen direkten Rauswurf und keine Chance auf Ruhm und Unvergessenheit. Nun ist sie verheiratet, Mutter von zwei Kindern und genau jetzt hat sie Erfolg mit der Vermarktung ihrer Familie. Endlich bekommt sie die ganze Liebe ihrer Follower, die Likes, die Herzchen, die zuckersüßen Kommentare, endlich ist sie an der Spitze und kann sich darin sonnen, diese unendliche Liebe, die ihr entgegenschlägt, lässt alles Negative ausblenden. Das ihre eigenen Eltern nicht gern mit ihr Kontakt haben und die Schwester bevorzugen und das Mélanie in ihrer eigenen Welt lebt und nicht mit bekommt, was sie ihren Kindern damit nimmt.

Dagegen haben wir Clara, die Polizistin, die einen Ruf hat, der Respekt und Anerkennung bedeutet, denn sie ist gut in dem, was sie tut und ein Arbeitstier. So leidet aber auch ihr Privatleben, denn als Flic ist man jederzeit einsatzbereit. Clara ist Einzelgängerin, strukturiert und im hier und jetzt, für sie sind Internet und sozial Media Arbeitsmittel und keinen privaten Gebrauch wert. Das kommt vermutlich von ihren Eltern, die schon die Anschaffung eines Fernsehers kritisch beäugt haben. So ist sie unbelastet und kann sich der Analyse von Mélanie neutral widmen, ist aber schnell eingenommen und erstaunt, wie man mit nichts, so viel Erfolg haben kann und das es für diese Art von Kindern zur Schaustellung keine gesetzlichen Grundlagen gibt. So ist Clara, des Lesers kritischer Blick und dieser macht einen unglaublich fassungslos.

Dieses Buch geht unter die Haut, schockiert, macht sprachlos und ist top aktuell und lässt einen wirklich nachdenklich zurück. Man überdenkt sein eigenes soziales Medien Verhalten und ganz ehrlich, wie oft schaut man in fremde Leben. Ich bin ja kein Fan von allem zeigen, aber das haben ganz viele nicht und so begleitet man diese den ganzen Tag, Abstimmungen, Reals, Storys und oft frage ich mich, haben die nichts anderes. Aber Kinder, die noch nicht selbst entscheiden können und gar nicht wirklich wissen was sie wollen, weil sie nichts anderes kennen, vor den Karren zu spannen, weil man das für sein eigenes Wertgefühl braucht, ist wirklich ein Skandal. Und was mich am meisten geschockt hat, ist, dass es keine rechtlichen Grundlagen gibt. Keine Zeitvorgaben, keine Ruhepausen, keine Überprüfung der Eltern, nichts, diese Romanfigur beutet die Kindheit aus und macht so viel kaputt, ohne es wirklich zu merken. Es ist so schwer in Worte zu fassen, was dieser Roman während des Lesens mit einem macht.

Delphine de Vigan ist eine Autorin, die man einfach lesen sollte, da ihre Bücher nicht nur zeitgemäß sind, sondern auch so wichtig. Hier beschreibt sie zwei Seiten, ein Mal die Sozial Media Entwicklung und dagegen der kritische Blick. Man sollte sich vieles mehr bewusster machen und sein Leben nicht über sein Handy bestimmen lassen, dafür benötige ich nicht dieses Buch, aber es macht vieles noch klarer, rüttelt wach und ist kraftvoll in seiner Erzählung. Dabei erzählt Delphine de Vigan nüchtern, sozialkritisch, beklemmend, aber auch mit einer Portion Humor diese literarische Geschichte und ich hoffe, ganz viele lesen genau und hören besser hin.

Die Kinder der Könige ist eine Geschichte unserer Zeit, sozialkritisch, erhellend und wachrüttelnd. Großartig erzählt und einfach schrecklich brillant. Große Leseempfehlung.
 
Henry und ich sind wieder total beeindruckt und vergeben die vollen Bücherpunkte:

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Über die Autorin:
 

 
DELPHINE DE VIGAN, geboren 1966, erreichte ihren endgültigen Durchbruch als Schriftstellerin mit dem Roman ›No & ich‹ (2007), für den sie mit dem Prix des Libraires und dem Prix Rotary International 2008 ausgezeichnet wurde. Ihr Roman ›Nach einer wahren Geschichte‹ (DuMont 2016) stand wochenlang auf der Bestsellerliste in Frankreich und erhielt 2015 den Prix Renaudot. Zuletzt erschien bei DuMont ihr Roman ›Dankbarkeiten‹ (2019). Die Autorin lebt mit ihren Kindern in Paris.
 
Quelle: Dumont Verlag
 
Vielen lieben Dank an den Dumont Verlag für das  Rezensionsexemplar. 

Dienstag, 5. April 2022

Rezension: Bernhard Aichner * Brennweite: Ein Bronski Krimi

Broschiert: 352 Seiten
Verlag: btb
ISBN-13
:
978-3442759187
Preis: 17,00 EUR
E-Book: 12,99 EUR
Reihe: 3. Teil
Erscheinungsdatum: März 2022

 
 
 
 
Inhalt:
Bronski und Svenja machen Urlaub in Südtirol und während Svenja an einem herrlichen, wohltuenden Pärchenurlaub denkt, entdeckt Bronski eine neue Story. In einem Kloster ganz in der Nähe soll ein Wunder geschehen sein und ein Mönch, der blind war, wieder sehen können. Die Spürnasen machen sich auf, um der Geschichte auf den Grund zu gehen. Sie sind die Ersten ganz nah dran und wollen richtig Auflage mit diesem unscheinbaren Mann machen. Dieser lässt sich auf die Exklusivbehandlung ein und hat nur eine Bitte er möchte seine Schwester treffen und um Verzeihung bitten. Also geht es auf nach Köln und dort hat das Wunder eine Vorahnung und vereitelt einen Terroranschlag. Aber ist das wirklich göttliche Fügung? Ist dieser neue Messias wirklich echt? Oder ist es ein Plan eines Wahnsinnigen? Unser Reporterteam muss höllisch aufpassen, denn der Horrortrip fängt erst richtig an.

Meinung:

Nun liegt schon der dritte Bronski Teil vor und man wird des Lesens einfach nicht müde. Ich bin ein absoluter Fan von dieser Art des Erzählens, diese kurzen Sätze, die abwechselnden Kapitel zwischen Beschreiben und Dialog, das macht einen rasanten Spannungsbogen und unterhält einfach großartig. Das kann der Autor einfach megaklasse und deshalb habe ich auch diesen Teil wieder inhaliert und ob er mir auch so gut gefallen hat wie die Vorgänger, erzähle ich euch nun.

Bronski ist einfach ein Typ, der sich immer tief in einen Schlamassel hinein gräbt und das Unglück anzieht. So hat er in letzter Zeit seine Beziehung extrem vernachlässigt. Svenja muss immer da sein, für alles Verständnis haben, aber sie als Frau kommt zu kurz und nun setzt sie ihm die Pistole auf die Brust. Aber statt diesen Urlaub zur Rettung der Beziehung zu nutzen, stürzen sich die beiden auf eine neue Story und auf ein rasantes Abenteuer. Es hätte so einfach sein können, Urlaub und Svenja und nun kämpft Bronski an tausend Stellen gleichzeitig. Beziehung, Tochter, Schwester und ein Wunder, was er hinterfragen muss und welches ihm schwer unter die Haut geht. Bronski on Fire und es wird wieder brenzlig bis zur letzten Sekunde. Ob es diesmal für ihn gut gehen wird?

Meine Güte, woher nimmt Bernhard Aichner nur seine Ideen und diese irren Typen, die die Welt zerstören wollen. Was die Bösewichte angeht, sind diese immer richtig aalglatt, fies und so widerlich, dass man einfach geschockt über deren Ausmaße ist. So fängt es erst harmlos an und entwickelt dann eine rasante Grandwanderung, die einen echt mitreißt und einfach lesen, lesen, lesen lässt. Aber nicht nur das packt der Autor in seine Geschichten, nein, auch das Zwischenmenschliche hat hier Platz, die Sorge um die Tochter, aber auch die Beziehungsprobleme und Bronskis Schwester Anna mit ihrer Familie und ihren eigenen Schwierigkeiten. So brennt es an allen Stellen und Bronski muss entscheiden, wo er zuerst hinmuss, um das Feuer zu löschen.

Bernhard Aichner hat mich einfach wieder um den Finger gewickelt und es ist einfach wieder ein rasanter Lesetrip gewesen. Man sollte sich wirklich Zeit nehmen, wenn man nämlich den Buchdeckel öffnet, muss man einfach so lange lesen, bis man die letzte Seite umblättert. Ich kann nie aufhören und muss es einfach durchsuchten. Somit war für mich der dritte Bronski wieder eine runde Sache, die Figuren werden weiterentwickelt, die Fälle bleiben genauso böse wie im ersten Fall und diese journalistischen Einblicke lassen mich immer erschauern. Was man nicht alles für eine Story macht und wie man den Leuten die Presse schmackhaft verkauft, ist einfach unglaublich und passt aber zu der ganzen reißerischen Geschichte. So hält der Autor nicht nur sein Tempo, sondern auch die Qualität der Reihe spielend aufrecht und man ist einfach süchtig. Nach mehr Bronski, nach mehr Svenja und nach mehr Storys, die immer in einer Achterbahn der Gefahr enden. Übrigens, von den kleinen kirchlichen Einblicken mag ich gar nicht erst anfangen, aber die Seitenhiebe waren gut gelegt.

Brennweite ist geschickt erzählt mit der typischen aichnerischen Unverwechselbarkeit. Unglaublich rasant, spannend und eine Achterbahn der Gefahr.
 
Henry und ich stehen auf den Aichner-Scheiß und dafür gibt es fünf Bücherpunkte:
 
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Über den Autor:
 
 
Bernhard Aichner (1972) lebt als Schriftsteller und Fotograf in Innsbruck. Er schreibt Romane, Hörspiele und Theaterstücke. Für seine Arbeit wurde er mit mehreren Literaturpreisen und Stipendien ausgezeichnet, zuletzt mit dem Burgdorfer Krimipreis 2014, dem Crime Cologne Award 2015 und dem Friedrich Glauser Preis 2017.

Die Thriller seiner "Totenfrau"-Trilogie standen monatelang an der Spitze der Bestsellerlisten. Die Romane wurden in 16 Länder verkauft, u.a. auch nach USA und England. Mit "BÖSLAND" und "DER FUND" schloss er 2018 und 2019 an seine internationalen Erfolge an.
 
Quelle: btb Verlag 
 
Bronski-Reihe:
 

1. Teil I 2. Teil: Rezension

Vielen lieben Dank an den btb Verlag für das  Rezensionsexemplar.
 

Freitag, 1. April 2022

Rezension: Wolf Haas * Müll

Gebundene Ausgabe: 288 Seiten 
ISBN-13: 978-3455014303
Preis: 24,00 EUR 
E-Book: 16,99 EUR 
Reihe: 9. Teil
Erscheinungsdatum: März 2022 

 

Leseprobe? Kaufen? 



Inhalt:
Der Tatort ist ein Mistplätze und genau dort unter eigentlich ordnungsgemäßer Entsorgung findet man ein Knie in Wanne 4 für Sperrmüll. Wo ein Knie ist, da ist der Rest nicht weit, denken sich die anderen Mistler und der Wetteifer ist gestartet. Bevor die Polizei dem Einhalt gebieten kann, ist die Leiche fasst komplett, nur das Herz fehlt. Die Kripo ist sprachlos, wütend und verärgert, was denken sich bloß diese Müllmänner und wollen die Mannschaft zusammenstauchen, da dreht sich Simon Brenner mit seinem Snoopy-Kaffeebecher um und verweist sie auf die Kamerabilder, die sie bestimmt schon gesichert haben. Somit ist erst mal Ruhe, aber für Brenner geht es jetzt erst los, denn der Fall nimmt sich seiner an und das Chaos bricht los. Worein ist der Brenner da gestolpert? Wo wird er das Herz vom Toten finden? Und welche Probleme werden nun dazu kommen?

Meinung:
Ich bin ja Brenner-Neuling und kenne bis heute nur Teil acht und nun Teil neun und kann begeistert sagen, Wahnsinn. Wie bitteschön kann man so süffisant schreiben und einem damit umhauen, da hat man an jeden Satz seinem Spaß und frisst sich durch die Geschichte. Oh, jetzt habe ich es vorweggenommen, dann erzähle ich euch nun, warum ich so hingerissen bin.

Allein die Figur Simon Brenner bekommt schon den Aufdruck „Original“, denn gibt es nicht noch einmal ein wahres Unikum. Nun ist der Brenner bei den Mistlern gelandet und fühlt sich bei der Truppe ganz wohl, aber nicht nur das, er ist auch noch Bettgeher geworden und das ist nochmals ein ganz eigenes Thema. Eigentlich sollte es ruhiger in seinem Leben werden, aber er zieht die Sonderheiten regelrecht an. So musste ja eine Leiche irgendwann auf dem Mistplätze auftauchen, aber nicht nur das, auch seine Vergangenheit damals bei der Kripo hält wieder Einzug in seinem Leben. Der Alexander Kopf ist nun leitender Ermittler und den hat er ausgebildet und seine Sprüche von damals sind auch noch heute legendär. So wollte der Brenner nix damit zu tun haben und doch holt ihn der Fall ein und zwar in Form der Tochter des Toten, tja und der Brenner halt Menschenfreund pur. So lernt er die Iris kennen, geht mit dem Kopf einen trinken und verstrickt sich immer mehr in Körperteile, Organhandel und einem neuen Fall. Aus der Nummer kommt er nicht mehr raus und so muss er seine alten Instinkte aktivieren und seiner Spürnase nachgehen.

Wolf Haas kann so richtig schön süffig schreiben, von spitzfindig zu tagesaktuell umspringen und nicht nur unterhalten, sondern auch einen Hieb auf unsere Gesellschaft geben. Das macht er aber so charmant und mit Fingerspitzengefühl, das es die Geschichte eher perfekt macht als unangenehm begleitet. So muss sein Hauptprotagonist einiges erleben und nicht alles geht ohne blaue Flecken aus. Dieser brummige ältere Herr, denn Brenner ist im gesetzten Alter aber kein bisschen Lebensruhiger und so fällt er mit dem Fall auch in einige Katastrophen. So hilft er der Iris mit dem Praktikanten, der hilft den Kurierfahrer mit der Festplatte und diese Festplatte gehört der Transportfirma, welchen den Toten auf den Mistplätze verfrachtet hat. So gibt es viele skurrile Figuren, einige Lebensgeschichten und jede Menge Verwirrspiel. Aber Brenner hat ja kriminalistische Instinkte und immer ein gutes Händchen für brenzlige Situationen und so kommt der Leser auf seine Kosten.

Absolut großartig erzählt, ironisch, humorvoll und schwarz wie die Hölle, was für ein Spaß, ich sag euch ein Engländer kann es nicht besser. Dazu ist es auch noch anspruchsvoll und hebt sich deshalb so herrlich von einem Krimi ab. Wolf Haas hat in mir einen neuen Leser gefunden, der sich nun auch die alten Fälle vorknöpfen möchte, weil dieser Erzähler mit seinem Erzählten einfach genial sind. Dieser Autor nimmt so schön viel auf die Schippe, verbiegt, wo er verbiegen kann und haut auch ganz gern mit Klischees um sich und genau das macht es auch irgendwie realistisch und passend für diese Welt. Ich mag diesen Erzählstil total und laufe unglaublich gern mit Brenner durch Wien und liebe es deshalb noch ein bisschen mehr.

Müll ist eine turbulente Suche nach einem Herz und der Vergangenheit. Meisterlich erzählt, originell und mit jeder Menge schwarzem Humor ein wahrer Leckerbissen.
 

Henry und ich hatten jede Menge Spaß und dafür gibt es fünf Bücherpunkte:
 
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Über den Autor:
 
 
Wolf Haas wurde 1960 in Maria Alm am Steinernen Meer geboren. Seine Brenner-Krimis erscheinen ab 1996 in acht Bänden, zuletzt Brennerova (2014). Die Romane Das Wetter vor 15 Jahren erschien 2006, Verteidigung der Missionarsstellung 2012 und Junger Mann 2017 bei Hoffmann und Campe. Wolf Haas lebt in Wien.
 
Quelle: Hoffmann und Campe  
 
Vielen lieben Dank an den Hoffmann und Campe Verlag für das Rezensionsexemplar.