Mittwoch, 16. November 2022

Rezension: Katharina Herzog * Das kleine Bücherdorf: Winterglitzern

Gebundene Ausgabe: 352 Seiten
Verlag: Rowohlt
ISBN-13: 
978-3499009457
Preis: 15,00 EUR
E-Book: 9,99 EUR
Reihe: 1. Teil
Erscheinungsdatum: Oktober 2022 
 
 
 
 
Inhalt:
Vicky lebt in München und arbeitet im Auktionshaus ihres Vaters. Auf dem Weg zu ihrer Wohnung wird sie eines Abends vom Pförtner aufgehalten und um eine Übersetzung gebeten. Ein kleiner Junge aus Schottland, Swinton-on-Sea, schreibt seiner verstorbenen Mutter, wünscht sich eine Antwort und legt sogar ein Foto von sich dabei. Als ihr eigener Vater dazukommt, erstarrt er beim Blick aufs Foto, denn dort ist auch ein Buch drauf, was von unschätzbaren Wert ist. So schickt er Vicky nach Schottland mit dem Auftrag, das Buch zu beschaffen und der Aussicht endlich den Posten zubekommen, den sie sich so wünscht. Doch Swinton-on-Sea setzt alle Pläne von Vicky außer Kraft und so landet sie als Aushilfsbuchhändlerin im Antiquariat des Vaters von dem kleinen Jungen. Herzlichkeit strömt ihr entgegen, Ruhe und Ausgeglichenheit, zum ersten Mal ist Vicky sie selbst und kommt unweigerlich über ihr eigenes Leben ins Grübeln. Oder hat es was mit dem unverschämt charmanten Buchhändler Graham zu tun? Warum tauchen jetzt Träume aus der Vergangenheit wieder auf? Und wird es nicht langsam Zeit, den eigenen Weg im Leben zu finden?

Meinung:
Katharina Herzog hat schon viele Bücher geschrieben und begleitet meine Lesezeit schon lange. So stehen hier ihre Erstlinge und Nachfolger im Bücherregal. Nach einer kleinen Flaute und dem Gefühl, vielleicht nicht mehr die Zielgruppe zu sein, habe ich ihr neustes Projekt entdeckt und was soll ich sagen, das sprach mich wieder sofort an. Ein Bücherdorf, Schottland, Berge und eine Frau, die vielleicht neu anfängt. Ja, genau meins und ob Katharina mich hier wieder total abholen konnte, erzähle ich euch jetzt.

Vicky ist eine selbstbewusste, Engagierte, elegante und karrierebewusste Frau. Sie möchte endlich die Anerkennung ihres Vaters haben und das heißt den Filialposten in Berlin. Doch ist Vicky wirklich so tough, wie sie immer tut, ist sie mit ihrem Leben wirklich zufrieden und lebt sie wirklich ihren Traum. Es kommen langsam Zweifel und erst recht, als sie mit den Auftrag losgeschickt wird, nach Schottland zu reisen und dieses Buch zu beschaffen. Einen Jungen, der um seine verstorbene Mutter trauert, eines seiner Erinnerungsstücke abzuluchsen, ist auf jeden Fall keine angenehme Sache. Aber Geschäft ist Geschäft und so fliegt sie nach Schottland und landet mit ihrem Mietwagen auch direkt in einen nebelverhangenen Graben. Wie gut das die Bewohner ein hilfsbereites Häufchen sind und so landet Vicky in der Stadt der Bücher. Aus einem geplanten Tag wird so ein Aufenthalt auf unbestimmte Zeit, denn Swinton beschlagnahmt Vicky aufs Herzlichste. So lebt sie auf, lässt sich verzaubern, mitreißen, erlebt Abenteuer und erkennt immer mehr, das das Leben mehr zu bieten hat. Natürlich spielt auch die Liebe mit hinein, aber auch das schlechte Gewissen nagt unweigerlich immens an ihr, denn den wahren Grund ihres Besuches hat sie verschwiegen und sie muss endlich entscheiden, was sie mehr möchte.

Ich bin verliebt in dieses kleine Bücherdorf. Es ist malerisch eingebettet zwischen Meer und Bergen, überschaubar und hat so herrliche Einwohner. Genau das ist die Stärke der Autorin, ihre Figuren und hier ist es, ein ganzes Dorf mit Leben zu füllen. Mit viel Liebe, Charme und Witz erweckt Katharina Herzog ihre Dorfbewohner mit Leben, da haben wir so viele unterschiedliche Charaktere, ein kauziger Sheriff, ein literarischer Sprücheaufsager, eine erhabene Lady, eine verbiesterte Schwester und einen charmanten Witwer. Ich könnte hier noch Stunden lang alle Figuren zusammenfassen, aber das lasse ich mal lieber, ihr sollt sie selber kennenlernen. Dazu kommt noch die Entwicklung von Vicky hinzu, von todschick zu rustikal und mit neuem Lebensgefühl wach geküsst. Wieder ganz toll ausgearbeitet, liebevoll erzählt und ganz viel Zauber in den Zeilen.

Katharina Herzog hat mir ganz wunderbare Lesestunden bereitet und diese Geschichte tat einfach richtig gut. Dieses Buch hat mich ein bisschen an ihre Anfänge erinnert, die mich begeistert hatten und diese Begeisterung hat sich hier wieder eingestellt zu der Geschichte, ihren Figuren und der Message. Ich bin so froh, dass es mit Swinton-on-Sea weitergehen wird, denn da gibt es noch viel mehr zu entdecken und so einige rote Fäden wurden gelegt, die in den nächsten Teilen aufgegriffen werden möchten. Und ganz ehrlich, ich muss da wieder hin, möchte unbedingt die Bewohner wieder sehen und mit dem einen oder anderen einen trinken gehen. Was mir dieses Buch noch zusätzlich gebracht hat, ist Lust auf „Alice in Wunderland“ zu lesen. Ich habe hier verschiedene Ausgaben liegen, aber immer noch keines wirklich gelesen und das scheint eine große Bildungslücke zu sein, also ran ans Buch. Vielleicht zwischen den Jahren, da ist es schön gemütlich und still. Ach, und wo ich noch gar nichts zu gesagt habe, ist die Liebesgeschichte, ich fand sie ganz toll eingewoben, nicht zu viel und nicht zu wenig perfekt harmonisch abgestimmt und mit dem wunderbaren Schmetterlingsgefühl im Bauch für die Leser.

Das kleine Bücherdorf, Winterglitzer, ist ein ganz wunderbarer Auftakt zu einer neuen Reihe, liebevoll, humorvoll und herrlich unterhaltend. Perfekt für die dunklere Jahreszeit und zauberhaft zu schmökern. Was freu ich mich auf den Frühling, wenn es weitergeht.
 

Henry und ich sind verliebt in dieses Dorf und seine Bewohner und vergeben die vollen Bücherpunkte:  
 
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Über die Autorin:
 
 

 
Katharina Herzog ist die deutsche Autorin für Liebesromane mit Fernweh-Garantie. Sie liebt es, ihre Leser an Sehnsuchtsorte wie Amrum, die Amalfiküste, Juist und New York zu entführen und diese Schauplätze auch selbst zu bereisen. Mit ihren Romanen schrieb sie sich nicht nur in die Herzen ihrer Leser, sondern eroberte auch die Bestsellerlisten. Katharina Herzog lebt mit ihrer Familie, Pferd und Hund bei München und plant schon ihre nächste Reise.  
 
 
Vielen lieben Dank an den Rowohlt Verlag für das  Rezensionsexemplar.  
 
Das kleine Bücherdorf - Reihe:
 

 Erscheinungsdatum: 14.02.2023
 

Dienstag, 15. November 2022

Rezension: Nicolas Barreau * Tausend Lichter über der Seine

Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
Verlag: Rowohlt  
ISBN-13: 
978-3463000176
Preis: 20,00 EUR
E-Book: 14,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: Oktober 2022
 
 
 
 
Inhalt:
Joséphine ist das schwarze Schaf der Familie, erfolgreiche Eltern, zwei Schwestern, die beruflich nicht nur glänzen, sondern auch mit Bilderbuchfamilien aufwarten. Und sie ist „nur“ Übersetzerin, lebt in einer kleinen Wohnung und ihr Freund ist leider mit einer anderen verheiratet. An einem regnerischen Novembertag kommt ihr Leben aber noch mehr aus dem Tritt. Sie bekommt zwei Briefe und diese sollen ihren Lebensweg verändern. Der eine kündigt an, das ihr arbeitgebender Verlag zum Jahresende schließt und sie sich um neue Aufträge kümmern muss. Der andere Brief eröffnet ihr, dass ihr Onkel verstorben ist und er ihr sein Hausboot hinterlassen hat. So kann vielleicht Joséphine aus ihrem Dilemma etwas Gutes machen und die Zeit mit dem Erlös aus dem erinnerungsschweren Boot überbrücken. Aber da hat Joséphine die Gleichung ohne den derzeitigen Mieter gemacht, der kein bisschen davon abweicht und auf Erfüllung seines Vertrages besteht. Wie kommt Joséphine nun an ihr Hausboot? Wie wird sie diesen bärbeißigen Mieter los? Und welche Liebesgeschichte versteckt der verstorbene Onkel auf seinem Boot?

Meinung:
Nicolas Barreau kann man immer lesen, kein anderer beherrscht es so sehr, den Charme und den Zauber von Paris einzufangen und zu beschreiben. Man spürt einfach den Puls der Stadt, sieht das Licht in der Seine glitzern und spürt die kühle Luft auf den Wangen. Nun also mal ein Hausboot, eine verpeilte Übersetzerin, eine anspruchsvolle Familie, ein geheimnisvoller Fremder und viele kleine Dramen. Klingt nach beherzter Unterhaltung und ob es diesmal auch so war, erzähle ich euch nun.

Joséphine hat es mit ihrer Familie nicht einfach nicht nur das sie das Netzhäkchen ist, nein, sie bleibt auch karrieremäßig weit hinter den Erwartungen der Eltern zurück. Sie hätte alles werden können und ist doch nur Übersetzerin. Aber nicht nur das ist ein Fiasko, nein, mit Mitte dreißig ist sie auch noch unverheiratet und erscheint immer allein zu Familienfeiern. Immer muss sie sich erklären, immer kommen brisante Fragen von der kleinen schlaumeierischen Nichte und immer steht sie im Fokus für Ratschläge und guten Willen für ihr Leben. Mit schrecken denkt Joséphine an Weihnachten, aber dieses Jahr soll alles anderes werden, denn Luc hat ihr nach drei Jahren versprochen, nun endlich mit seiner Frau zu sprechen und endlich zu ihr zu stehen. So häufen sich die Wünsche, Träume und Hoffnungen und doch steht alles unter keinen guten Stern. Tja, und zu allem Überfluss muss sich unsere Heldin mit diesem Hausbootmieter Maxime rumschlagen, der irgendwie immer mehr in ihrem Leben auftaucht und dem es anscheinend Spaß macht, sie zu ärgern. Joséphine atmet einmal tief ein und wieder aus und nimmt den Kampf mit Maxime und ihrem missratenen Leben auf.

Nicolas Barreau enttäuscht nicht, es liegt Pariser Flair in der Luft, der Zauber vor Weihnachten erblüht und auch unsere Protagonistin lässt einen nicht kalt zurück. Sie beschreibt eigentlich recht gut die Probleme der Zeit, Single, nicht erfolgreich und möchte doch einfach nur geliebt werden. So schifft sie ein bisschen im Leben herum und findet nicht so recht den Weg. Dazu kommt, dass sie sich von ihrer Affäre seit Jahren blenden lässt und nur halt und Verständnis von ihrem besten Freund Cedric erfährt. So war mir Joséphine einfach sympathisch, man begleitet sie gern und amüsiert sich auch gern über ihre kleinen Fettnäpfchen, denn diese trifft sie immer zielsicher. Ihre Treffen mit Maxime sind deshalb unglaublich unterhaltsam, weil sie so richtig schön an ihm vorbei erzählt, ohne richtig zuzuhören, und er amüsiert sich köstlich, was sie natürlich zur Weißglut bringt und doch ist da ein Anker, ein Halt, ein Mitverschwörer, wenn es um die Erinnerungen an ihrem Onkel geht.

Ich hatte somit herrliche Lesestunden mit Joséphine und ihrem etwas aus dem Ruder gelaufenen Leben. Herrlich, wie sie sich findet, zauberhaft, wie sie in ihrer Welt umher schwebt, um wieder hart in der Realität zu landen. Der Verlagsansatz unterhält auch wieder köstlich und Maxime ist ein wunderbarer Geheimniskrämer. Doch so richtig wollte sich die Liebesgeschichte der beiden nicht einstellen, das war mir am Ende doch zu schnell, zu platt, zu kitschig. Da hat mir eine Szene dazwischen gefehlt, aber das ist auch wieder Jammern auf hohen Niveau, denn an sich hatte ich meinen Spaß mit der Lektüre und eine Reise nach Paris, die ich nicht missen möchte.

Tausend Lichter über der Seine ist nicht das stärkste Buch vom Autor, aber wie immer charmant, Paris lastig und wunderbare romantische Unterhaltung mit Witz.

 

Henry und ich lieben dieses Parisflair und vergeben vier Bücherpunkte:

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Über den Autor: 

 
Nicolas Barreau hat sich mit seinen charmanten Paris-Romanen ein begeistertes Publikum erobert. Sein Buch «Das Lächeln der Frauen» brachte ihm den internationalen Durchbruch. Es erschien in 36 Ländern, war in Deutschland mit weit über einer Million verkauften Exemplaren «Jahresbestseller» und wurde anschließend verfilmt sowie in unterschiedlichen Inszenierungen an deutschen Bühnen gespielt. In «Die Zeit der Kirschen» erzählt der Autor die Geschichte seiner unvergesslichen Helden Aurélie und André fort. Auch mit «Die Frau meines Lebens», «Eines Abends in Paris» sowie «Du findest mich am Ende der Welt» bezauberte der Autor seine Leserinnen und Leser.
 
 
Vielen lieben Dank an den Rowohlt Verlag für das  Rezensionsexemplar.  
 

Mittwoch, 26. Oktober 2022

Rezension: Alex Beer * Felix Blom: Der Häftling aus Moabit


Broschiert: 368 Seiten
Verlag: Limes  
ISBN-13:
978-3809027591
Preis: 17,00 EUR
E-Book: 6,99 EUR
Reihe: 1. Teil
Erscheinungsdatum: Oktober 2022 
 
 
 
 
Inhalt:
Felix Blom wird nach drei Jahren Haft aus Moabit entlassen. Doch wie hat sich Berlin 1878 verändert, kann er ans alte Leben anknüpfen oder muss er neu anfangen? Doch wo soll Felix hin, ärmlich aufgewachsen, wurde er zum Meisterdieb und schwang sich hinauf in die gute Gesellschaft, doch der Fall war hart, denn er wurde für ein Vergehen verurteilt, was er nicht begangen hat. Es ist nicht so, dass Felix ein Unschuldslamm ist, und das kommt ihm nun zu gute. Er schleicht sich ins Leben zurück und landet in der Detektei Voss. Mathilde Voss! Sie hilft ihm und so wollen diese zwei nicht nur neue Fälle aufdecken, sondern auch herausfinden, wer damals Felix ins Gefängnis gebracht hat. Aber nicht nur das hält Felix auf Trab, sondern er bekommt eine Karte mit dem Text, dass er in 30 Stunden eine Leiche sein muss. Wer ist hinter Felix her? Was ist damals vor drei Jahren passiert? Und bekommt Felix sein altes Leben wieder?

Meinung:
Die Autorin Alex Beer hat mich mit ihrer Emmerich-Reihe um den Finger gewickelt und ganz klar hilft die Serie gegen meine Wien-Sehnsucht. Nun hat sie eine neue Reihe an dem Start und diese hebt sich schon ab, da diese in Berlin spielt und ihr Hauptprotagonist ein Ganove ist. Klingt doch spannend und ob mir der neue Reihenauftakt gefallen hat, erzähle ich euch nun.

Felix Blom ist ein Gauner, Charmeur und Lebenskünstler. Der Schatten von Berlin und doch sitzt er in Moabit in Einzelhaft und zählt die Stunden bis zu seiner Entlassung. Endlich, nach drei Jahren kommt er frei und er will endlich wissen, wer ihm das angetan hat, denn er sitzt unschuldig im Gefängnis. Zumindest war er bei diesen Raub nicht mit von der Partie. Nun also darf er wieder auf die Straßen von Berlin und sich sein Leben zurückerobern. Aber die Polizei macht es ihm nicht einfach, er muss innerhalb von drei Tagen eine Bleibe und einen Job nachweisen. Aber Blom wäre nicht Blom, wenn er nicht doch Leute kennen würde, nur hat er sich mit diesen es etwas verscherzt, als er sich in die gute Gesellschaft hinaufgeschwungen hat. Nun muss Felix wieder unter anfangen, ins ärmlichste Viertel von Berlin kommt er unter und dort dreht sich das Schicksal. Denn er fängt in der Detektei Voss an und seine Inhaberin ist Mathilde Voss und auch sie hat es faustdick hinter den Ohren. Zusammen machen sie sich ans Werk, diese Detektei zur besten zu machen und gleichzeitig auch Felix zu helfen, er will aufklären, wer ihm das Verbrechen angelastet hat und dazu kommt noch ein Mörder, der es auf sein Leben abgesehen hat. Kaum ist Felix in Freiheit, da hat er jede Menge zu tun.

Alex Beer hat ein unglaublich gutes Gespür für Setting, Figuren und Spannungsaufbau. Diese Geschichte ist so unglaublich charmant, spielerisch und fantastisch unterhaltsam. Man schlendert mit der Autorin und ihren Figuren durch Zeitgeschichte und empfindet es überhaupt nicht verstaubt, altmodisch oder langweilig. Ganz im Gegenteil, es geht bunt zu, es steigen Gerüche in die Nase und man spürt den Aufbruch in eine neue Zeit. Noch regiert der Adel, noch gibt es große Unterschiede und genau dieses Karussell aus Arm und Reich will Felix Blom durchbrechen. Zumindest glaubte er das, bevor er in Moabit gelandet war. So zeichnet die Autorin viele Schichten von Berlin, Snobs und Dandys kommen dran, aber auch Polizisten und die Ganovenwelt. Besonders herrlich finde ich Alex Beers Figuren, ob nun Chef einer Gaunerbande oder der redliche Polizist mit übernächtigten Augen, alle sprühen vor Leben, sind wunderbar beschrieben und man begleitet jeden gern, so sind die Figurenabwechselnden Kapitel einfach eine wahre Freude. Natürlich ist auch unser Detektiv-Duo herrlich besetzt mit einem charmanten Gauner und einer ehemaligen Prostituierten, die mehr im Leben will, nämlich ihr eigenes ehrliches Geld verdienen. Ein bisschen haben mich die beiden an die 80ziger Serie Remington Steele erinnert und was habe ich diese geliebt. Aber auch der Fall ist gut eingegliedert und hat zum miträtseln so einige unerwartete Kurven parat.

Dieser Auftakt macht mächtig Spaß beim Lesen, es ist Geschichte, Abenteuer und natürlich kommt eine Prise Liebe nicht zu kurz. Felix Blom scheint zwar der Hauptakteur zu sein, aber ich finde alle Figuren toll, das Berlin macht richtig Laune und dieser Spagat zwischen den Welten aus Adel und Gangsterunterwelt erfrischt die ganze Lektüre. Dazu die Fälle an sich, waren gut durchdachten und bauten ganz hervorragend ineinander auf. Ich hatte großes Lesevergnügen.

Felix Blom ist ein gelungener Auftakt mit tollen Figuren, erfrischender Leichtigkeit, dazu ein toller Mix und ein Spannungsbogen, der perfekt eingewebt wurde. Ich hatte riesige Freude beim Leben. Trubelig, spannend, perfekter Lesegenus, wo man sich direkt den nächsten Teil her wünscht.
 
Henry und ich hatten eine richtig gute Lesezeit und vergeben die vollen Bücherpunkte:
 
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Über die Autorin:
 
 
Alex Beer, geboren in Bregenz, hat Archäologie studiert und lebt in Wien. Ihre spannende Krimi-Reihe um den Ermittler August Emmerich ist preisgekrönt – neben zahlreichen Shortlist-Nominierungen (u.a. für den Friedrich Glauser Preis, Viktor Crime Award, Crime Cologne Award) erhielt sie den Leo-Perutz-Preis für Kriminalliteratur 2017 und 2019 und wurde ausgezeichnet mit dem Krimi-Publikumspreis des Deutschen Buchhandels MIMI 2020. Alex Beer wurde außerdem der Österreichische Krimipreis 2019 verliehen. Neben dem Wiener Kriminalinspektor hat Alex Beer mit Isaak Rubinstein eine weitere faszinierende Figur erschaffen, die in der Reihe »Unter Wölfen« während des Zweiten Weltkriegs in Nürnberg ermittelt.
 
Quelle: Limes Verlag
 

Vielen lieben Dank an den Limes Verlag für das  Rezensionsexemplar.
 

Dienstag, 25. Oktober 2022

Rezension: Beatrix Kramlovsky * Frau in den Wellen

Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: hanserblau
ISBN-13: 
978-3446274792
Preis: 25,00 EUR
E-Book: 18,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: September 2022 
 
 
 
 
Inhalt:
Dr. Joni Lanka lebt ein unkonventionelles Leben und das schon von Kindesbeinen an. Sie ist stark, kämpft für ihre Ansichten und ist auch bereit, Opfer zu bringen. Für ihren Beruf reist sie um die Welt, lässt sich von Männern nicht klein bekommen, nein, behauptet sich sogar. Aber es ist kein leichter Weg und so ist der Drahtseilakt zwischen Familie, Kindern und Karriere nicht immer einfach zu begehen. Erst recht, wenn die Balance aus dem Ruder läuft, wenn ihr eigenes Leben durch eine Dummheit ans Licht der Öffentlichkeit gerät und von dieser zerrissen wird. Joni muss wieder fest stellen, dass die Welt für so eine Frau noch nicht bereit ist und das es wichtiger den je ist, für ihre Unabhängigkeit zu kämpfen. Wie funktioniert das Leben von Joni? Welche Opfer kostet es sie? Und was ist passiert, das alles aus den Fugen geraten lässt?

Meinung:
Für mich ist es das zweite Buch von der Autorin, was ich lese. Mit „Fanny oder Das weiße Land“ hatte mich Beatrix Kramlovsky unglaublich beeindruckt. Diese Geschichte oder besser noch die Reise von Kriegsgefangenen, die in ihre Heimat zurückkehren, hat mich mitgenommen, sprachlich angetan und tief berührt. Und nun kommt sie mit so einer ganz anderen Geschichte, das hatte mich so überrascht und doch auch fasziniert, was wird sie hier erzählen, wie wird sie die Geschichte aufbauen und kann es mich genauso ergreifen? Das war die große Frage und die Antwort liefere ich euch jetzt.

Diesmal war der Einstieg für mich in die Geschichte nicht ganz einfach. Ich wusste nicht so recht, was Joni mir erzählen wollte, worauf wir hinarbeiten, und ich konnte Joni auch nicht zu erst greifen. Aber als dann die Verhöre ins Spiel kamen, wurde es interessant, machte neugierig und man wollte mehr über diese Frau wissen und was vorgefallen ist.

Jedes Kapitel ist einem Mann aus ihrem Leben gewidmet und erzählt nicht nur im Einstieg, wie es ihr jetzt geht, sondern schweift auch in die Vergangenheit, wo sich die Wege kreuzen und erklärt, wie Joni zu der Frau wird, die sie heute ist. So lernen wir von Joni, dass sie im Hier und Jetzt, eine Frau ist, die sich in einer Männerwelt behauptet. Sie spielt ganz oben mit, ist eine Art Analytikerin und arbeitet für Regierungen und bleibt so gern im Hintergrund. Aufgewachsen ist sie mehr bei ihrer Tante, da ihre Eltern irgendwie mehr Hippies waren und sich gern ein Stück Freiheit gönnten. Tante Federspiel war da ganz anders und sie ebnete Jonis Lebensweg. Als junge Frau macht sie eine Weltreise und begegnet dabei ihren Mann Georg, das Resultat zwei Kinder und das Leben als Botschaftsfrau. Doch sie will mehr, sie möchte sich beruflich verwirklichen und geht dazu einen unkonventionellen Weg. Sie studiert, lässt die Tochter bei den Schwiegereltern und versucht den Spagat als Mutter und Karrierefrau zu meistern. In ihrem Leben tauchen so viele Personen auf, aber nur eine Handvoll sind ihre engsten Vertrauten und dann findet sie einen Ort, denn sie Heimat nennen könnte und einen Mann, der zu ihren Leben passt. Doch die Zeit, wo man im Verborgenen leben konnte, sind vorbei und so gerät Joni‘s Leben an die Öffentlichkeit und wird zum Zerrbild der Gesellschaft.

Diese Geschichte hat so viele Themen, das man gar nicht weiß, wo man ansetzen soll. Und man muss lange darüber nachdenken, in sich gehen und es sacken lassen. Das eine große Thema ist mit Gewissheit die Emanzipation. Joni lebt ein Männerleben, ist viel unterwegs und lässt die Kinder bei ihren Mann, was in der Männerwelt völlig normal ist, zerreißt man bei einer Frau. Rabenmutter! Karrierefrau! Männerweib! Und das kann man endlos weiter ausführen. Warum kann man nicht beides? Sind wir nicht in einem Zeitalter, wo wir solches Denken abgelegt haben? Und habe nur ich das Gefühl, oder treten wir immer mehr erkämpfte Rechte wieder ab. Die Entwicklung schaudert mich und dabei lebe ich doch in einem Land mit Frauenrechten und bin privilegiert. Unterschwellig spielen hier auch Rassismus, eine große Rolle, nationalsozialistische Politik und anonymes Mobbing. Mobbing im Netz und seine Auswirkungen. Wie niedrig die Hemmschwelle ist, wie abartig feindlich die Mitmenschen ihre Meinung kundtun und wie schnell alles zu einem großen Hassmob werden kann. Und was noch mehr schockiert, das man sich nicht wirklich wehren kann. Ein großes Problem unserer Zeit und hier wirklich anschaulich und sehr eindringlich beschrieben.

Beatrix Kramlovsky hat mit ihrer Protagonisten ein wunderbares Abbild unserer Gesellschaft beschrieben. Wie gern präsentieren wir uns als Freidenkenden, tolerant, vorurteilsfrei und weltmännisch, sind es aber nicht. Wie oft lässt man sich mitreißen, ohne nachzudenken und vergisst dabei, sich selbst zu informieren. Und gerade die anonyme Socialwelt ist ein Molch an Hass und Anfeindungen. Eine wirklich tolle Geschichte, ein großes Statement, obwohl es wirklich zu viele Eckpunkte gab, um diese zu verarbeiten. Lasst uns bitte für unsere Werte einstehen, kämpfen und solche Bücher sind dazu sehr wichtig.

Frau in den Wellen ist ein gesellschaftlicher Roman, der aufzeigt, das wir noch viel für unser Recht machen müssen und das wir uns Mobbing viel mehr stellen müssen. Aktuell, klug und beeindruckend.
 


Henry und ich mussten noch lange über diese Geschichte nachdenken und vergeben vier Bücherpunkte:  
 
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Über die Autorin:
 
 
Beatrix Kramlovsky, geboren 1954, lebt als Künstlerin und Autorin in Niederösterreich. Von 1987 bis 1991 lebte sie in Ostberlin, wie Joni in Frau in den Wellen. Bei hanserblau erschienen bisher ihre Romane Die Lichtsammlerin und Fanny oder Das weiße Land
 

Vielen lieben Dank an den hanserblau Verlag für das  Rezensionsexemplar. 
 

Mittwoch, 12. Oktober 2022

Rezension: Jane Austen * Überredung - Die Liebe der Anne Elliot

Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
Verlag: Coppenrath  
ISBN-13:
978-3649642411
Preis: 30,00 EUR
E-Book: 2,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: Juli 2022
Übersetzer*in: Gisela Reichel
Illustrator*in: Marjolein Bastin
 
 
 
 
Inhalt:
Anne Elliot ist eine unscheinbare Frau, so unscheinbar, dass sie von ihrer Familie gar nicht wahrgenommen wird und so immer nur im Schatten ist. Das war mal anders, da war sie verliebt und erblühte förmlich und das lang an einem jungen Mann, Frederick Wentworth. Leider war er ein mittelloser Seemann und so wurde Anne überredet, die Verlobung sein zu lassen. Seitdem kümmert sich Anne im Hintergrund um die Familie, während Vater und ihre ältere Schwester nur an ihrem Hochmut feilen, ist die jüngste Schwester verheiratet und lässt Anne oft zu sich kommen. So geschieht es eines Tages, dass die Familie Elliot ihren Landsitz verpachten muss und wie das Schicksal es so will, ist die Frau vom neuen Pächter die Schwester von Frederick. Es ist unumgänglich, dass sich die einstigen Liebenden wieder treffen. Aber sind da noch Gefühle? Kann es eine neue Chance für diese beiden geben? Oder stehen zu viele Missverständnisse zwischen ihnen?

Meinung:
Was soll ich hier noch schreiben, es ist ein Jane-Austen-Roman und ich liebe Jane Austen. Nun liegt ihr letztes Werk in meinen Händen und ihr könnt euch meine Vorfreude gar nicht vorstellen, besonders bei diesem Prachtstück aus dem Coppenrath Verlag. Somit stimmt schon ein Mal die Verpackung, geschmackvoll, ein bisschen verspielt und mit viel Liebe gestaltet. Jetzt muss noch der Inhalt passen und ich bin mehr als nur ein Fangirl. Und ob es wieder gefunkt hat, erzähle ich euch nun.

Zu Beginn erfahren wir von der Familie Elliot, dass sie verschwenderisch leben, der Herr Papa recht eitel ist und viel über das Äußere spricht, sogar darüber urteilt. Seine älteste Tochter steht ihm damit total bei und so lassen sie ihren Hochmut über jeden kommen, der der Gesellschaft vorstellig wird. Als das Vermögen der Familie immer mehr in Schieflage gerät, versuchen Anne und eine gute Freundin der Familie Vorschläge zur Sparsamkeit zu machen und Lösungen einzustreuen, die aber auf wenig Anklang stoßen, denn sie wollen auf nichts verzichten. So muss die Familie Elliot ihren Landsitz verpachten und nach Bath ziehen. Der neue Mieter muss natürlich passen und so lamentiert Annes Vater und am Ende ist es doch ein Admiral der Marine. Das ist wohl annehmbar, aber Annes Herz schlägt schneller als sie hört, das die Frau vom Admiral, die Schwester von Captian Frederick Wentworth ist. Ihrer ersten großen Liebe, der sie vor sieben Jahren begegnet ist und dessen Antrag sie abgelehnt hat, weil alle gegen diese Verbindung waren, seitdem ist Anne blasser geworden, hält sich lieber im Hintergrund und sogar einen weiteren Antrag lehnt sie ab. Nun soll Anne zurückbleiben, alles regeln und dann zu ihrer jüngeren Schwester fahren und sich um sie kümmern, bevor es auch für sie nach Bath gehen soll. Dort begegnen sich die einstigen Liebenden wieder.

Mehr muss ich doch nicht verraten, oder? Jane Austen zeichnet hier eine Liebesgeschichte, die, glaube ich, zu dieser Zeit am nächsten kommt. Denn nicht die Liebe darf Entscheidungen treffen, sondern die Familie, die Vertrauten und so manches Herz blieb wohl gebrochen zurück. So auch die junge Anne, deren Stand in der Familie schwierig ist, weil sie nicht hübsch genug ist oder auffällig genug, um im Mittelpunkt zustehen. Aber für einen jungen, mittellosen Seemann, der sein Herz an Anne verschenkt hat, ist das absolut keine Option für eine Heirat. So hat sich Anne überreden lassen und sieht seit dem den anderen beim Leben zu. Erst bei dem erneuten Aufeinandertreffen, was sie tunlichst versucht zu vermeiden, steht sie zu ihren Gefühlen und erwacht aus ihren Winterschlaf. Aber so einfach ist es natürlich in der Gesellschaft nicht, da gibt es Missverständnisse, Eitelkeit und manche dumme Entscheidung wegzumachen. Frederick und Anne haben es nicht leicht auf dem Parkett des Lebens und müssen auch ein zweites Mal mit sich und ihrem Umfeld kämpfen.

Jane Austen hat hier eine ruhigere Geschichte zu Papier gebracht, die aber an Charme und Witz genauso erstrahlt wie ihre anderen Geschichten. Hier zeigt sie das harte Los einer jungen Frau aus gutem Hause, auf welche Bürde sie tragen muss und doch nichts selbst bestimmen kann. Wie die Gesellschaft und gut gemeinte Ratschläge Einfluss nehmen und das eigene Glück keinen Pfifferling wert ist. Der Ruf der Familie, der Anstand und das Betragen stehen eher im Vordergrund. Und dann gibt es neue Verkettungen und man geht einfach mit, man steht Anne beiseite und hofft, das ihre Versuche, das damalige wieder gut zu machen und ihre Gründe ins richtige Licht zubringen mögen von Erfolg gekrönt sein. Es ist ja gar nicht so einfach, mit dem Mann zu sprechen und ihm die Wahrheit der eigenen Gefühle zu offenbaren. Diese Zeit ist wirklich ein Parkett aus Umtanzen, Flüstern und Briefe schreiben. Für mich wieder ein absoluter Genuss und was habe ich mich amüsiert. Übrigens hat mir gefallen, dass es wieder eine verarmte Adelsfamilie ist, aber toll fand ich mal einen Captain der Marine zu haben, denn diese Welt ist auch mächtig interessant und Jane Austen hat da Erfahrung mit, denn ihr Bruder gehört dieser an.

Noch ein paar Worte zur Gestaltung, denn das muss gesagt werden, sie ist traumhaft schön. Dazu die ganzen hübschen Einlagen und diese sind nicht nur hübsch und passend, sondern führen einen die Zeit noch besser vor Augen. So gab es Fachbegriffe aus der Marine, Anleitungen für junge Damen oder ein paar Daten aus dem Leben der Autorin. Politisch, weltmanisch, sehr passend. Fand ich total großartig und sehr überlegt.

Überredung - Die Liebe der Anne Elliot ist einfach eine großartige Geschichte, über zweite Anläufe, das eigene Glück zu finden und dafür zu kämpfen. Charmant, klug und mitreißend auf eine ruhige Art.
 
 
Henry und ich haben dieses Schmuckstück sehr genossen und vergeben die vollen Bücherpunkte:
 
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Über die Autorin:
 
 
In Jane Austens Romanen spiegeln sich die gesellschaftlichen Verhältnisse ihrer Zeit in einzigartiger Klarheit. Eine Frau – ob adelig oder nicht – hatte nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, sich in Beruf oder gesellschaftlichem Engagement zu entfalten. Nur durch die Heirat mit einem reichen und weltoffenen Ehemann konnte sie eine gewisse Freiheit erlangen. In diese Zeit wurde Jane Austen am 16. Dezember 1775 geboren als siebtes von insgesamt acht Kindern eines englischen Pfarrers. Es war eine belesene und gebildete Familie, zwei ihrer Brüder brachten es gar zum Admiral. Ihr selbst hingegen gelang das Kunststück, ihre Verlobung einen Tag später wieder zu lösen und trotz schwerer Krankheit ein relativ unabhängiges Leben als unverheiratete Frau zu führen.

Quelle: Amazon


Vielen lieben Dank an den Coppenrath Verlag für das  Rezensionsexemplar.
 

Freitag, 7. Oktober 2022

Rezension: Antti Tuomainen * Das Elch-Paradoxon

Broschiert: 336 Seiten
Verlag: Rowohlt  
ISBN-13:
978-3498002626
Preis: 18,00 EUR
E-Book: 9,99 EUR
Reihe: 2. Teil
Erscheinungsdatum: September 2022
Übersetzer: Niina Katariina Wagner und Jan Costin Wagner

 
 
 
 
Inhalt:
Henri Koskinen hat nicht nur den geerbten Abenteuerpark gerettet, nein, auch sein Leben hat Schwung bekommen, aber es steht noch viel Arbeit an. Der Park muss für die Kinder attraktiver bleiben als die Konkurrenz und dafür benötigt man eine neue Attraktion, die Elchschanze! Zum Glück hat „MeinDeinFun“ einen Exklusivvertrag mit der Finnischen Spiele AG und Henri ist zuversichtlich, das sie bald Besitzer von diesem tollen Spielgerät sein werden, der den Park in die schwarzen Zahlen führt. Aber das wäre alles zu einfach für Henri und seinem mathematischen Denken. Die neuen Firmeninhaber wollen den Park die Elchschanze nicht verkaufen. Aber warum? Dann taucht eine Figur aus Henris Vergangenheit auf, die sein Leben noch komplizierter macht. Warum nur? Und auch die Beziehung zu Laura ist für seinen Geschmack nicht hundertprozentig fest genug. Und warum rennt Henri schon wieder um sein Leben?

Meinung:
Antti Toumainien ist definitiv ein Autor, den ich gerne lese und der mich immer mit seinen abgefahrenen Geschichten, seinem Slapstick-Humor und seiner Betrachtung seiner Figuren begeistern kann. Diesmal kenne ich schon seinen Hauptprotagonisten und bin gespannt, was Henri in seinem zweiten Abenteuer erleben wird. Ob ich mich köstlich amüsiert habe, erzähle ich euch nun.

Eigentlich sollte man ja meinen, dass Henri alles im Griff hat. Immerhin ist er bei der Rettung des Abenteuerparks nicht nur einmal von der Schippe des Todes gesprungen, sondern hat sich auch noch mit der Unterwelt angelegt und hat es überlebt. Nein, sein geerbter Park schreibt langsam schwarze Zahlen, aber das liegt auch daran, dass er auf alles verzichtet und sich für die Zukunft ins Zeug legt, denn der Kampf ist noch nicht vorbei. Sie benötigen einfach die eine Attraktion, die kein anderer Park hat und daran arbeitet Henri mit Hochdruck. Natürlich stellen sich ihm wieder ungeahnte Probleme in den Weg und die kriminelle Energie in seiner Umgebung nimmt nicht ab. Diesmal schlingert aber unser Held und sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht, wird abgelenkt und lässt sich blenden. Wie gut, dass er da eine Frau an seiner Seite hat, der er sich wie immer viel zu spät öffnet und seine Unfähigkeit, über Gefühle zu sprechen, wegmacht. So taumelt Henri zuerst, rappelt sich auf, wird überrascht und nimmt den Kampf auf. Und lässt so manche Gleichung aufblitzen.

Dieser Autor schafft es immer, einen mit seinem Humor zu packen, skurrile Geschichten zu verweben und Figuren mit Herz zu erfinden. Mit Henri trifft er genau ins Schwarze, dieser Kerl ist Mathe, er kann mit zwischenmenschlichen Gefühlen nicht viel anfangen und interpretiert somit die eine oder andere Situation falsch. Aber das macht ihn auch wieder zu einer ehrlichen Haut und absolut liebenswürdig. Dazu noch seine Gefühle für Laura und man ist entzückt von seiner Tollpatschigkeit. Überhaupt finde ich ihre Dates entzückend und klasse, wie Laura mit ihm umgeht und wie er so einfach Dinge sagt, die einem zum Schmunzeln bringen. Dazu noch sein Team im Abenteuerpark, was er glaubt, verloren zu haben und was in unglaublich traurig macht, das er seinen Mut verliert. Dazu noch die neuen Kriminellen, die Firmen aufkaufen und andere auch Bluten lassen wollen, wo Henri natürlich ganz cool reintappt und sich darin verfängt. Tja, und von der Figur, die auftaucht, ist er mehr als nur überrascht, es überfordert unseren Mathematiker überaus. Es ist ein wahrer Klamauk, das zu lesen.

Antti Tuomainen hat es einfach drauf klasse zu erzählen, packende Geschichten zu erfinden, die Menschen in die unmöglichsten Situationen zu verstricken und mit einer wilden Fahrt durch die Buchseiten zu jagen. Hier sitzt der Schalk, hier passen die Pointen und auch die Spannung kommt nicht zu kurz. Allein die Beobachtungsgabe für Menschen und die Unterschiede zu beschreiben ist einfach großartig und macht so Freude. Wer sich mal so richtig schön vom Alltag ablenken will, der sollte diesen Finnen zur Hand nehmen und sich auf zu einem Abenteuerpark machen. Es ist unglaublich, was so ein Park alles aushalten kann. Ob Henri nun endlich alles im grünen Bereich hat, ist fraglich und vielleicht gibt es doch noch ein Wiedersehen. Ich würde sofort ein Ticket lösen.

Das Elch-Paradoxon unterhält aufs Feinste, lässt Situationskomik glänzen, ist skurril, spannend und hat alles für gute Lesestunden parat. Ich mag es total gern.
 
Henry und ich hatten eine richtig gute Lesezeit und vergeben die vollen Bücherpunkte:
 
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Über den Autor:
 
 
Antti Tuomainen, Jahrgang 1971, ist einer der angesehensten und erfolgreichsten finnischen Schriftsteller. Er wurde u.a. mit dem Clue Award, dem finnischen Krimipreis, ausgezeichnet, seine Romane erscheinen in über 25 Ländern. Antti Tuomainen lebt mit seiner Frau in Helsinki.
 
 
Henri Koskinen - Reihe:
 

 1. Teil I Rezension

Vielen lieben Dank an den Rowohlt Verlag für das  Rezensionsexemplar.
 

Mittwoch, 28. September 2022

Rezension: Romy Fölck * Die Rückkehr der Kraniche

Gebundene Ausgabe: 336 Seiten
Verlag: Rowohlt  
ISBN-13: 
978-
3805201025
Preis: 22,00 EUR
E-Book: 14,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: August 2022  

 
 
 
 
Inhalt:
Grete geht auf die fünfzig zu und lebt noch mit der Mutter Wilhelmine im Familienhaus zusammen. Nicht immer einfach, denn die alte Dame ist stur, hartnäckig und lässt sich nix sagen. Aber die Gesundheit macht nicht mehr so mit und so kommt es, dass sie ins Krankenhaus muss. Der Zustand ist bedenklich und so kommt die erfolgreiche jüngere Schwester Freya aus Berlin angerauscht und sogar Gretes Tochter Anne kommt nach Hause. Nun sind alle Hansen-Frauen unter einem Dach und das führt zu einigen Eskalationen. Vergangenheitsbewältigung, Enttäuschungen, Missverständnisse werden nun auf den Tisch gebracht, denn es ist einiges im Unklaren bei den Frauen. Aber was ist den Frauen passiert? Warum können sie nicht miteinander offen sprechen? Und welche Geheimnisse liegen zwischen ihnen?

Meinung:
Bis jetzt habe ich, glaube ich, zumindest alles von dieser Autorin gelesen und liebe ihre Krimis sehr. Sie hat einfach ein gutes Händchen für Spannung, Figuren und Timing, perfekt abgestimmt und eine Garantie für gute Lesestunden. Nun hat Romy Fölck einen Familienroman geschrieben und ganz klar muss ich diesen auch lesen. Vier starke Persönlichkeiten unter einem Dach, das kann eine explosive Mischung werden und ich bin sehr gespannt gewesen. Ob ich auch hier auf meine Kosten gekommen bin, erzähle ich euch nun.

Grete ist die älteste Tochter und hält die Familie zusammen. Sie ist diejenige, die sich selbst zurücknimmt, für jeden ein Ohr hat, die Gastgeberin spielen muss und ihre Träume hintanstellt. Ruhe und Zufriedenheit findet sie in ihren Beruf als Vogelwartin, aber selbst dort ziehen Gewitterwolken auf und ein Umbruch steht an. Da kommt es sehr ungelegen, dsas die Gesundheit der Mutter schlappmacht äußerst ungelegen.

Wilhelmine ist eine starke Frau, packt alles selbst an, lässt sich nichts sagen und kann mit Gefühlen nicht gut umgehen, erst recht nicht zeigen. Das sie nun im Krankenhaus ist, missfällt ihr sehr und das Personal kann sie zum Dringenden bleiben nicht überreden. Sie will nach Hause und ihr läuft die Zeit davon, um einige Sachen richtig zu rücken.

Freya ist eine Karrierefrau, wohnt im Berlin und wird gerade von ihrem Lebenspartner verlassen. Die letzte Chance auf Kinder und eigene Familie rinnt ihr durch die Finger. Aber es muss weitergehen und die Zügel müssen fest in den Händen gehalten werden, bis dieser Anruf von Grete kommt und sie alles stehen lässt und in die Vergangenheit fährt. Eine Vergangenheit mit vielen abgebrochenen Brücken, die immer noch eine Rolle spielen und auf sie warten.

Anne ist Gretes Tochter und Wilhelmines ein und alles, deshalb kommt auch sie direkt mit dem Zug aus Bremen angerauscht und lässt ihr Studium zurück. Das Verhältnis zu ihrer Mutter ist schwierig, sie möchte immer noch erfahren, wer ihr Vater ist und stößt immer auf Granit, obwohl sie auch gleichzeitig das Gefühl hat, das ihre Mutter ihr immer was verschweigt. Mit ihrer Tante kommt sie prächtig aus und kann sich auch mit ihren Geheimnissen an sie wenden. Nun sind alle unter einen Dach, und das wird eine sehr interessante Zeit für jeden von ihnen.

Familienromane sind eigentlich nicht so meins, obwohl ja jeder eine hat und somit immer genug Gesprächsstoff. Viele wünschen sich eine heile Familie, ein Rückzugsort, ein Auffangen, ein Verstehen, so wäre es ideal, aber so funktioniert es meistens nicht. Es steckt auch viel Arbeit drin, sich selbst zurückstellen und den anderen zu verstehen, für mich ist Familie mit vielen Enttäuschungen verbunden und so meide ich es, über welche zu lesen. Aber Romy Fölck bringt mich in ihrem Buch wieder in die Marsch und das ist sehr heilsam. Die Naturbeschreibungen, die Vogelbeobachtungen und allein die Beschreibungen der unterschiedlichen Ruftöne sind Balsam für die Seele und so kommt man Grete näher als geahnt. Sie ist der Dreh und Angelpunkt in der Geschichte und mit ihr fühlt man sich auch verbunden. Eine Frau, die immer für die Mutter da sein musste, die ihre Schwester mit aufgezogen hat und deren Schmerz, als sie sie urplötzlich verlies, immer noch nicht nachlässt und die eigene Tochter, der sie vieles vorenthalten muss und unter deren Abweisung sie sehr leidet, das alles geht beim Lesen sehr nah und lässt sich gut mitfühlen. Aber auch die anderen Figuren kommen nicht zu kurz und ihre Sichten berühren, verwirren und man ahnt, welche Geheimnisse in jeder schlummern.

So erzählt Romy Fölck sehr ruhig, fast melancholisch von diesen vier Frauen, lässt uns selber über Ungesagtes und Missverständnisse nachdenken und wie man darauf am besten reagiert hätte. Eine Geschichte über Verzeihen, Neuanfang und sich neu reflektieren und die Erkenntnis, es ist nie zu spät, um miteinander zu reden. Eine wehmütige, Natur belassene und schöne Geschichte, die perfekt in den Herbst passt und einen eine gute Zeit schenkt.

Die Rückkehr der Kraniche ist ruhig, nostalgisch und naturbehaftet. Ein Roman über die Missverständnisse im Leben, die oft zu tiefen Abgründen führt, weil man nicht drüber spricht. Richtig schöne Herbstunterhaltung.
 
Henry und ich haben diese herbstlichen Lesestunden genossen und dafür gibt es vier Bücherpunkte:

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Über die Autorin: 

 
Romy Fölck wurde 1974 in Meißen geboren. Sie studierte Jura und arbeitete viele Jahre in der Wirtschaft. Mit Mitte 30 entschied sie, ihrem Traum, Schriftstellerin zu sein, eine Chance zu geben. Sie kündigte Job und Wohnung in Leipzig und zog in den Norden. Hier lebt sie gemeinsam mit ihrem Mann und dem zugelaufenen Huhn Helga und schreibt Romane in einem Haus zwischen Deichen und Apfelbäumen an der Elbe.
 
 
Vielen lieben Dank an den Rowohlt Verlag für das  Rezensionsexemplar.