Montag, 27. Februar 2023

Rezension: Melanie Raabe * Die Kunst des Verschwindens

Gebundene Ausgabe: 400 Seiten
Verlag: btb
ISBN-13
:
978-3442759293
Preis: 22,00 EUR
E-Book: 14,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: Oktober 2022
 

 
 
 
 
Inhalt:
Berlin. Die Zeit zwischen den Jahren. Ruhig, magisch, immer anders als der Rest des Jahres. Hier lebt Nico, eine Fotografin, die sich selbst noch nicht gefunden hat und hier ist auch Ellen, die Schauspielerin, die kurz vor einer Premiere steht. Man sieht sich flüchtig, man nickt sich zu und an Silvester begegnet man sich. Sie streifen durch die nächtlichen Straßen von Berlin, erleben den Zauber von einem beginnenden Jahr zusammen und fühlen sich verbunden. Es fühlt sich an, als ob sie sich schon Jahre kennen würden, ein Gefühl von Seelenverwandtschaft, Vertrautheit, ein Bedürfnis, sich zu öffnen, und doch ist Ellen am nächsten Tag verschwunden. Zurück bleiben eine Entschuldigung und die lang verschollene Kette ihrer verstorbenen Mutter. Wie hängt das zusammen? Wo ist Ellen hin? Wofür diese Entschuldigung? Nico lässt das alles nicht los und obwohl sie ganz andere Sorgen hat, muss sie Ellen finden und die Geschichte erfahren, wie sie zur Kette ihrer Mutter kommt. So beginnt Nicos Reise zu Ellen und sich selbst.

Meinung:
Ein neuer Roman von Melanie Raabe und ich kann mich noch an „Die Falle“ so gut erinnern. Das Buch hat mich geflasht, umgehauen und so begeistert zurückgelassen, das ich es heute immer noch gern empfehle. Dann irgendwann hat sich das etwas verloren, ich kann es gar nicht genau betiteln, warum, aber mich konnten die Bücher nicht mehr so erreichen. Nun kam „Die Kunst des Verschwindens“ und das hat mich auf vielen Ebenen angesprochen, das ich es wieder versuchen wollte und was Melanie Raabe mit mir gemacht hat, erzähle ich euch nun.

Ellen ist Schauspielerin, sie hat es geschafft, zum großen Hollywoodstar aufzusteigen und steht gerade vor einen großen Höhepunkt in ihrer jungen Karriere, bis einiges über sie zusammenbricht. Der Ruhm hat seine Schattenseiten und so muss sie sich mit einen Stalker, übergriffigen Fans und Schlagzeilengeilen Medien herumschlagen. Dabei ist ihr bester Freund verstorben und sie darf nicht mal richtig trauern. Zerrissen, wütend und ausgebrannt, begegnet Ellen Nico.

Nico ist Fotografin, nicht so eine, wie sie es gerne wäre, nämlich eine Künstlerin, sondern jemand, der sich mit dem Tagesgeschäft von Bewerbungsfotos und Familienbildern über Wasser hält. Lebt in einer Fernbeziehung und kämpft immer noch mit Albträumen von ihrer toten Mutter. Außerdem gibt es da noch Kurt und sie weiß nicht, wie sie ihren Lieben davon berichten soll. Überfordert, verwirrt und belastet, begegnet Nico Ellen.

Melanie Raabe ist eine Sprachkünstlerin. Das hat sie drauf, das setzt sie gewollt und gekonnt ein, und das hat sie mit dieser Geschichte wieder aufs Feinste bewiesen. Sie baut eine Atmosphäre, die greifbar, spürbar und unter die Haut geht, auf. Lässt einen körperlichen Schmerz mitfühlen und manches ist so intensiv, das man nach Luft schnappen muss. Es gibt so viele Szenen in dieser Geschichte, die mich berührt haben, die ich körperlich und seelisch miterlebt habe, das ist einfach unglaublich. Überhaupt ist dieser Roman mit vielen Emotionen, aber auch mit Erwartungen und Vorurteilen bestickt. Ich konnte es gar nicht wirklich aus den Händen legen und diese Sprachgewalt ist so einnehmend, dass man gefangen ist und in einen regelrechten Sog hineingezogen wird.

Überhaupt finde ich es eine gute Wahl vom Verlag nicht mehr Thriller auf ihren Büchern drauf zu schreiben, sondern Roman. Ohne Frage ist es eine spannende Lektüre, die Wendungen aufzeigt, mit denen man nicht gerechnet hat, die einen an Orte führt, die man im Leben nicht erwartet hat und die eine Geschichte erzählt, die mehr als nur auf einer Ebene spielt. Zwei unterschiedliche Frauen, zwei verschiedene Leben, die nicht gegensätzlicher verlaufen hätten sein können und doch gibt es eine Verbindung, ein magisches Band, was zwei Menschen zusammenführen muss. Melanie Raabe hat ein Talent, über magische Dinge zu schreiben, kein Hokuspokus versteht mich nicht falsch, aber im Leben gibt es doch Dinge, die man eher Schicksal nennt, um nicht magisch zu sagen. Und diese Autorin greift gern so was auf und es stimmt doch, manchmal ist es leichter, sich jemanden Fremdes zu öffnen, als der Familie. Erwartungen, Erfüllungen, Contenance hemmen, doch oft über Wirkliches zu sprechen. Und dieser Roman hat noch viel mehr Facetten, die berühren, melancholisch stimmen und einen zum Nachdenken anregen.

Ohne Frage, das Buch hat mich eingenommen, ich habe es gerne gelesen. Ich habe die Sprache geliebt und jede Seite davon mit Genuss. Melanie Raabe hat mich wieder auf ihre Seite gezogen und mich verzaubert. Danke.

Die Kunst des Verschwindens, ist intensiv, spürbar und geschickt erzählt. Hier wird das Verschwinden auf mehreren Ebenen geschildert, man muss nur genau hinsehen. Lesegenuss pur.
 
Henry und ich hatten solch einen Lesegenuss und vergeben die vollen Bücherpunkte:  
 
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Über die Autorin:
 
 

 
MELANIE RAABE wurde 1981 in Jena geboren. Nach dem Studium arbeitete sie tagsüber als Journalistin – und schrieb nachts heimlich Bücher. 2015 erschien DIE FALLE, 2016 folgte DIE WAHRHEIT, 2018 dann DER SCHATTEN und 2019 DIE WÄLDER. Ihre Romane wurden in 22 Sprachen übersetzt, mehrere Verfilmungen sind in Arbeit. Melanie Raabe betreibt zudem gemeinsam mit der Künstlerin Laura Kampf einen erfolgreichen wöchentlichen Podcast rund um das Thema Kreativität, „Raabe & Kampf“. Melanie Raabe lebt und arbeitet in Köln. Mit »Die Kunst des Verschwindens« verließ sie erstmals das Gebiet des traditionellen Thrillers und entführt uns in eine Welt, in der alles möglich und nichts selbstverständlich ist.
 
Quelle: btb Verlag
 
Vielen lieben Dank an den btb Verlag für das  Rezensionsexemplar.
 

Freitag, 24. Februar 2023

Rezension: Alexander Oetker * Sternenmeer: Luc Verlains delikatester Fall

Broschiert: 336 Seiten 
ISBN-13: 978-3455014860
Preis: 18,00 EUR 
E-Book: 13,99 EUR 
Reihe: 6. Teil
Erscheinungsdatum: November 2022
 
 
 
 
Inhalt:
Es ist wieder so weit und in Frankreichs Restaurants herrscht rege Aufregung, denn die Gastrokritiker von Guide Michelin reisen durchs Land und so mancher Stern gerät da ins Wanken. Auch in dem mit drei Sternen ausgezeichneten Restaurant „Villa Auguste“ kommen die Köche ins Schwitzen. Der berühmteste Kritiker nimmt Platz und wählt sein Menü. Nur leider fällt er nach der Vorspeise vom Stuhl und schwebt in Lebensgefahr. Wer möchte den Restaurantbesitzer Auguste Fontaine da eins auswischen? Oder hatte es jemand auf den Kritiker abgesehen? Oder muss man bei den Tierschützern den Täter suchen? Luc hat hier einige Ermittlungsansätze, nur welcher ist der Richtige?

Meinung:
Luc Verlain ermittelt wieder und das schon zum sechsten Mal. Wo ist die Zeit hin, ich kann mich noch genau an seinen ersten Fall erinnern. Mein absoluter Liebling ist immer noch der dritte Band, aber dieser hier klang auch  mega vielversprechend. Somit bin ich ganz klar wieder mit dabei, am Meer, in der Küche und logo beim Ermitteln. Wie mir dieser delikate Fall gefallen hat, erzähle ich euch nun.

Luc Verlain ist nun Papa von der ersten Sekunde an und genießt seine Familienauszeit in vollen Zügen. Winterlich eingekuschelt in der kleinen Cabane nah am Meer, lässt es sich gut aushalten und diesen kleinen Engel alles zeigen, was ihm so am Herzen liegt und was gibt es Schöneres als es durch Kinderaugen neu zu entdecken. Doch kurz vor Töchterchens Schlafenszeit klingelt Lucs Diensthandy und er geht überrascht dran. Ein vergifteter Restaurantkritiker lässt seine Elternzeit frühzeitig enden und er rast zu einem neuen Fall. Ugo Gennevilliers ist wohl jeden Franzosen bekannt, der Wert auf die gute Küche legt und das bedeutet, die ganze Nation kennt ihn, seit Jahrzehnten ist er der Mann, der über Aufstieg und Zerfall von Restaurants entscheidet. Diesmal hat man es auf ihm abgesehen und er liegt mit einer schlimmen Vergiftung im Krankenhaus und kämpft um sein Leben. Für Luc und seinen Kollegen fängt nun die Ermittlung an, wer steckt dahinter und da gibt es einige Ansätze. Es könnten Tierschützer sein, die die zugelieferte Foie gras vom Sohn des Restaurantbesitzers vergiftet haben. Oder sogar Streit unter Brüdern. Oder was ist mit der internen Küchenbesatzung, Verdächtige ohne Ende, Ansätze zu Haufe und jede Menge gutes Essen. Luc pendelt zwischen Ermittlung und kulinarischen Köstlichkeiten.

Ach, Frankreich und ihre Küche! Oder ohne ihre Küche kein Frankreich, man weiß es nicht, aber darauf bilden sich ja unsere Nachbarn einiges ein. Ob zu Recht, mag ich gar nicht beurteilen, dafür habe ich wohl nicht den rechten Gaumen. Aber ihre Berühmtheit ist allen bekannt und ich mag solche Bücher. Sobald es um Restaurantküchen, Delikatessen und Mord geht, bin ich dabei. Der Stress in den Profiküchen, der raue Umgangston, das hohe Pensum, was dort geleistet wird und die Abgründe, die manchen Koch ins Verderben ziehen. Eine Welt, die einen sonst verborgen bleibt und einen fragt, ob das wirklich gut für einen ist. Alexander Oetker wagt sich ins Haifischbecken der Sterneköche und entzückt mich als Leserin.

Mit diesem Setting hat der Autor ja so ins Schwarze bei mir getroffen. Mal abgesehen von der wunderbaren Landschaft und dem Meer in der Aquitaine, ist so ein Restaurant einsam und allein mit Blick aufs Blaue doch einfach herrlich. Malerisch würde auch passen. Da kommen sie nun die Gäste die Monate im voraus ihren Tisch buchen, die Kiesfahrt hinauf, um sich den Gaumen verwöhnen zu lassen. In Büchern finde ich das so toll und Alexander Oetker beschreibt es ganz wunderbar, ich mag es lieber über die Schulter meines Mannes zu schauen, was er für Köstlichkeiten für uns kreiert. Aber so muss es sein und die Sterneküche ist ja eine Welt für sich. Somit stimmt das Drumherum, dazu die vielen Ermittlungsstränge und ein Luc ihm vollem Einsatz. Kulinarisch, raffiniert und wieder beste Krimiunterhaltung. Was möchte man mehr. Für mich und das sage ich ja schon öfters etwas weniger mon cher hier und mon amour da und es wäre für mich runder. Aber vielleicht soll es so sein und ich bin dafür nicht so empfänglich, aber das ist ja eine Kleinigkeit. Der Rest passt für mich Essen, Meer, gute Figuren und Mord oder beinah Mord. Es war wieder toll.

Sternemeer ist kulinarisch, Französisch raffiniert kreiert und perfekte spannende Unterhaltung. Wieder ein richtig guter Luc Verlain Fall. Der siebte wird im November folgen und ich freu mich drauf.

Henry und ich hatten wieder eine richtig gute Zeit in Frankreich und dafür vergeben wir vier Bücherpunkte:

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Über den Autor:
 

 
Alexander Oetker, geboren 1982, ist Bestsellerautor und TV-Journalist, als Frankreich-Experte von RTL und n-tv berichtet er seit 15 Jahren über Politik und Gesellschaft der Grande Nation. Er ist zudem Kolumnist und Restaurantkritiker der Gourmetzeitschrift Der Feinschmecker. Seine Krimis um Luc Verlain sind Erfolgsgaranten im Buchhandel, für Mittwochs am Meer erhielt er die DELIA, den Literaturpreis für den besten Liebesroman des Jahres. 2022 wurde Alexander Oetker außerdem mit dem Deutsch-Französischen Freundschaftspreis des Saarlandes ausgezeichnet. Er lebt en famille zwischen Brandenburg, Berlin und der französischen Atlantikküste.
 
 
Luc Verlain - Reihe: 
 
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 1. Teil: Rezension I 2. Teil: Rezension I 3. Teil: Rezension
 

4. Teil: Rezension I 5. Teil: Rezension

 Vielen lieben Dank an den Hoffmann und Campe Verlag für das Rezensionsexemplar.