Montag, 29. Juni 2020

Rezension: Leonie Swann * Mord in Sunset Hall

Gebundene Ausgabe: 448 Seiten 
Verlag: Goldmann
ISBN-13: 978-3442315567
Preis: 20,00 EUR 
E-Book: 14,99 EUR 
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: Mai 2020 


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Inhalt:
In Sunset Hall bricht Hektik aus, denn Lillith liegt tot im Schuppen, erschossen. Nun ist die große Frage, was mit der Leiche zu tun ist, wie geht man die Dinge an und wohin ist die Pistole verschwunden. Bevor sich die Senioren-WG sammeln kann, klingelt es an der Tür und die Polizei ist im Haus. Nicht nur bei ihnen ist ein Mord geschehen, nein, auch im Nachbarsgarten gibt es eine Tote. Die Ruhe für die alten Leute ist dahin, die Idylle ruiniert, und der Jagdtrieb erwacht bei einigen, vor allem bei Agnes Sharp. Sie will der Sache auf den Grund gehen, sie will den Mörder finden und stolpert dabei nicht nur in manche Situation, sondern auch in ihre Vergangenheit. Diese Bewohner von Sunset Hall sind zwar schon in die Jahre gekommen, haben aber noch genug Energie parat und das eine oder andere Geheimnis. Wer hat also Lillith erschossen? Wie hängt das mit den anderen Morden zusammen? Und welche Geheimnisse werden gelüftet?

Meinung:
Für mich ist es nicht das erste Buch von der Autorin, denn mich konnte sie damals so sehr mit ihrem Debüt „Glennkill“ begeistern. Auch den Nachfolger hatte ich direkt verschlungen und jedes folgende Buch musste unbedingt einziehen, auch wenn der Lesegenuss noch aussteht. Nun also ein neuer Roman, diesmal eine Senioren-WG und natürlich kommt auch ein Tier zu Wort, nämlich Hettie, die Schildkröte. Ob mir dieses bunte Potpourri gefallen hat, erzähle ich euch nun.

Begeben wir uns also in die englische Provinz, in ein idyllisches Dorf und auf einen alten Landsitz, der Agnes Sharp gehört. Diese hatte damals mit ihrer Freundin Lillith die Idee entsponnen, eine Senioren-WG zu gründen, um dem Altenheim und der Selbstaufgabe zu entgehen. Somit gibt es eine Mischung aus verschieden Bewohnern und Wehwehchen. Agnes ist nicht mehr gut zu Fuß, der Marschall lässt mit dem Gedächtnis nach, Bernadette ist blind, Winston sitzt im Rollstuhl und hat eine Vorliebe für Schokoriegel und Edwina widmet sich mit großer Liebe um Hettie, der Schildkröte. Tja und dann haben wir noch den Neuzugang, Charlie, die eine große Leidenschaft für Gin hat und einen Hund, namens Brexit. Eine bunte Truppe, der den Fängen der mitleidigen Gesellschaft aus dem Weg gehen und in Würde altern möchte. Keine Seniorenresidenz, wo man still gelegt wird und zum sabbernden Niemand verkommt, lieber quält sich die Truppe durch den Alltag und hält zusammen. Nun passieren aber diese Morde und die Gruppe ist alarmiert, denn von ihrem Pakt, soll keiner etwas erfahren und wer hat die anderen umgebracht, ist die große Frage. Agnes, die früher selbst ermittelt hat, muss dem auf die Spur gehen und nimmt einfach alle ihre Mitbewohner mit. Somit ist richtig was los in Sunset Hall und selbst Hettie muss ihren Winterschlaf verschieben.

Leonie Swann erzählt hier nicht nur einen Kriminalroman, sondern gibt auch Einblicke, zum Thema älter werden. Damit beschäftigt man sich ja nicht so gern und verschiebt es immer wieder in die Zukunft. Aber es wird uns einholen, ganz bestimmt und ihre Idee, dieses Thema mit einem Mord zu verknüpfen, war eine gelungene Kombination und gibt den Roman eine tiefere Tragweite. So erfahren wir auf unterschiedliche Weise von den Sorgen und Nöten, der älteren Leute und auch, wie sie Dinge in der Vergangenheit vergraben haben und diese nun wieder hervorkommen. Nur ist die Frage, was ist Fiktion und was Erinnerung und kann man sich selbst trauen. Außerdem erhalten wir so einige Einblicke in Kirchenkaffees, Gerüchten, luxuriöse Seniorenheime und allerlei Gebrechlichkeiten. Aber natürlich geht es auch um Mord.

Was ganz klar ist, hier haben wir keinen nägelkauenden vor Spannung platzenden Roman, sondern ein herrlicher Mix aus Situationskomik, Vergangenheitsfindung und Mördersuche. Die große Suche nach dem Täter ist überschaubar und trotzdem bleibt es spannend, wer es denn nun war. Zuerst fand ich die Idee mit dem Hundenamen Brexit erst überzogen, aber mit jeder Punktlandung an Pointen war das ein megaguter Einfall und ich musste so oft laut lachen. Auch die Vergangenheit der alten Leute, hier sollte ich vielleicht kurz erwähnen, dass nicht alle so zu Wort kamen, aber Agnes hatte einen bewegten Hintergrund und hat einen oft mit mancher Wendung überrascht. Und ganz genial, war auch noch der Einzug vom Enkel, so ein kleiner verfressener junger Mann, mischt ja noch mal alle Bewohner schön auf. Was ich auch schön fand und auch irgendwie ein Markenzeichen der Autorin ist, ist, die Dinge aus der Sicht von Tieren zu beschreiben und wie Hettie, die Salathände in den Knöchel beißt, war immer wieder ein Genuss zum Schmunzeln. Somit bekommt die Geschichte ein schräge, aber auch liebenswerte Note.

Mord in Sunset Hall ist ein kurzweiliger Genuss, der zum Schmunzeln und Miträtseln einlädt. Dazu ein gelungener Mix aus Wortwitz und Spannung. Ich habe es gern gelesen.
 
Henry und ich hatten viel Freude mit dem schwarzen Humor und vergeben vier Bücherpunkte:

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Über die Autorin:


Leonie Swann wurde 1975 in der Nähe von München geboren. Sie studierte Philosophie, Psychologie und Englische Literaturwissenschaft in München und Berlin. Mit ihren ersten beiden Romanen „Glennkill“ und „Garou“ gelang ihr auf Anhieb ein sensationeller Erfolg: Beide Bücher standen monatelang ganz oben auf den Bestsellerlisten und wurden bisher in 25 Sprachen übersetzt. Leonie Swann lebt heute umzingelt von Efeu und Blauregen in England.



Vielen lieben Dank an den Goldmann Verlag für das Rezensionsexemplar.

Freitag, 26. Juni 2020

Rezension: Erin Morgenstern * Das sternenlose Meer

Gebundene Ausgabe: 640 Seiten 
Verlag: Blessing
ISBN-13: 978-3896676573
Preis: 22,00 EUR 
E-Book: 17,99 EUR 
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: Mai 2020
Übersetzer: Karin Will 


Leseprobe? Kaufen? 


Inhalt: 
Zachary Ezra Rawlins lässt sich von seiner Abschlussarbeit nur allzu gern ablenken und dazu ist nur ein Besuch in der Bibliothek nötig. Er ist ein begeisterter Leser und lässt sich gern von Geschichten einhüllen und liebt es durch die Regale zu wandern, um Neues Aufregendes zu finden. Diesmal fällt ihm ein Buch in die Hand, was keinen Autor hat und durch sein schlichtes Äußere seine Neugier erweckt. Er nimmt es mit und findet darin, eine Schilderung aus seiner Kindheit. Aufgewühlt, erschrocken und verwirrt, versucht er mehr über dieses Buch herauszufinden. Die Suche gestaltet sich sehr schwierig, aber führt ihm am Ende zu einer Party nach New York, dort hofft Zachary mehr heraus zubekommen. Das er dort auf eine unterirdische Welt voller Bücher, Geheimnissen und Verschwörungen trifft, hätte er nicht gedacht, aber nun steckt er mittendrin in einem großen Abenteuer. Was hat es mit dem Buch von Zachary auf sich? Was für eine Welt hält sich dort verborgen? Und wird das sternenlose Meer ihn verschlingen?

Meinung:
Für mich ist es nicht das erste Buch von Erin Morgenstern, denn ihr Nachtzirkus konnte mich damals sehr begeistern. Sie schreibt sehr poetisch, bildgewaltig und sehr einnehmend und nun endlich hat sie ein neues Buch auf dem Markt. Wurde auch irgendwie Zeit und dann gleich solch einen Schinken. Der Inhalt verspricht auf jeden Fall vieles und scheint das Richtige für jeden Bücherliebhaber zu sein und da ich einer bin, musste ich es auch direkt lesen. Ob mir Zacharys Geschichte gefallen hat, erzähle ich euch nun.

Zachary ist ein ruhiger, zurückgezogener junger Mann, der vor seiner Abschlussarbeit steht und sich dann doch ganz gern von Büchern ablenken lässt. Sein Freundeskreis ist sehr überschaubar und doch ist er einer guten Unterhaltung nicht abgeneigt. So begibt er sich in die Bibliothek und leiht sich ein mysteriöses Buch aus und fällt fast in Ohnmacht, als seine eigene Geschichte darin auftaucht. Wie kann das sein? Woher kommt dieses Buch? Wer hat es geschrieben? Seine erfolglose Detektivarbeit macht ihm zu schaffen, dabei bemerkt er gar nicht, dass diese gar nicht so unbeobachtet geblieben ist. Ohne es zu merken, zieht sich der Kreis um das merkwürdige Buch immer enger und auf dieser Party muss sich Zachary für eine Seite entscheiden. Hilft er den unbekannten, aber eindringlichen Dorian mit seinem verschwundenen Buch, oder lässt er sich von der Eisbär-Mantel tragenden Frau zum Tee einladen. Eins ist auf jeden Fall klar, aus der Nummer kommt er nicht mehr raus, es fragt sich nur, in welche Welt er sich stürzt.

Mit seiner Wahl beginnt eigentlich erst so richtig diese Geschichte, denn wir verlassen unsere bekannte Welt und begeben uns hinab, in eine alt behütete Stätte, wo Geschichten lagern und Geheimnisse an jeder Ecke lauern. So ist dieses Buch in verschiedene Bücher unterteilt und erzählt nicht nur den weiteren Weg von Zachary, sondern auch Geschichten, deren großes Ganzes sich nicht sofort erschließt, sondern nach und nach wie ein Puzzle zusammensetzt. Jede Figur darin hat seine eigene Geschichte und wir Leser müssen herausfinden, welche zu wem gehört, was Zacharys Aufgabe ist und ob er in der Lage ist, diese eine Übergroße zu Ende zu bringen. Denn Zachary ist nicht zufällig darin hineingeraten, sondern er hat eine Bestimmung und muss nur noch herausfinden welche.

Erin Morgenstern hat hier wirklich ein Hoch auf das Geschichtenerzählen geschrieben, welche Wirkung diese haben und was wir daraus allein machen können. Dieses Buch ist schon so vielschichtig und darin ist so viel zu entdecken, somit extrem komplex und absolut bildgewaltig. Manches ist so poetisch und lyrisch geschildert, das sich nicht sofort die Erkenntnis einstellt, sondern diese sich mit jeder Seite eher einschleicht. Es ist wir ein großes Rätsel, was nicht nur Zachary lösen muss, sondern wir mit ihm. Dabei trägt dieser sympathische Protagonist unglaublich dazu bei, dass man immer mehr lesen möchte, denn er findet auch dort die große Liebe und das ich als Leser natürlich mit ihm darum kämpfte, war ja wohl klar. Überhaupt ist diese Geschichte eine Liebesgeschichte auf so vielen Ebenen und so magisch, ich bin ein bisschen beeindruckt und begeistert. Und obwohl ich zwischen durch etwas mit dem Berg an Seiten und Wissen kämpfen musste, konnte ich es nicht weglegen.

Das sternenlose Meer ist eine Hommage an die Bücherwelt und über die Kraft der Geschichten. Vielschichtig, bildgewaltig, komplex, knifflig, melancholisch und absolut zauberhaft. Für jeden der etwas Anspruchsvoller ist und sich auf Magie einlassen kann, eine klar Leseempfehlung.
 
Henry und ich lieben besondere Geschichten und diese traf voll unseren Geschmack, deshalb die vollen Bücherpunkte:
 
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Über die Autorin:


Erin Morgenstern, geboren 1980, hat Theaterwissenschaften studiert und mit ihrem Debütroman „Der Nachtzirkus“ einen Welterfolg gelandet, der in 37 Sprachen übersetzt wurde. Mit ihrem zweiten Roman „Das sternenlose Meer“ kehrt Erin Morgenstern auf die Bühne des magischen Erzählens zurück. Erin Morgenstern ist verheiratet und lebt in Massachusetts.
 

Vielen lieben Dank an den Blessing Verlag für das Rezensionsexemplar.