Montag, 3. Juli 2017

Rezension: Heine Bakkeid * ... und morgen werde ich dich vermissen


Broschiert: 416 Seiten 
Verlag: Rowohlt
ISBN-13: 978-3499290558
Preis: 14,99 EUR 
E-Book: 12,99 EUR 
Reihe: 1. Teil
Erscheinungsdatum: Juni 2017
Übersetzer: Ursel Allenstein 


Leseprobe? Kaufen? 


Inhalt:
Thorkild Aske war einer der besten Verhörspezialisten bei der internen Polizei und sitzt jetzt am Abgrund. An einem bestimmten Punkt in seinen Leben, ist alles aus den Fugen geraten. Nun wird er aus dem Gefängnis entlassen und steht vor dem nichts. Bei der Polizei wird er verachtet und selber, quält er sich mit der Vergangenheit und Schmerzen. Ein gebrochener Mann, der nichts weiter möchte, als seine Ruhe, nur lässt sein Freund und Psychologe das nicht zu und überredet ihn, sich den Fall eines verschwunden jungen Mannes anzusehen. Dazu muss er hoch, in den Norden auf einer einsamen Leuchtturmwärterinsel mitten im norwegischen Meer. Die Polizei vor Ort geht von einem Tauchunfall aus und hat den Fall zu den Akten gelegt. Doch die Eltern wollen mehr und Thorkild, fängt widerwillig mit seiner Ermittlung an. Schnell will er den Fall selbst abschließen, aber dann kommt er in einen Sturm und entdeckt eine Leiche, bloß ist es nicht die des jungen Mannes. Thorkilds alter Spürsinn wird geweckt, kann er der Sache auf den Grund gehen? Welche kleinen schmutzigen Geschichten wird er in der Gemeinde aufdecken? Und kann er der Belastung, körperlich und seelisch standhalten?

Meinung:
Vor einigen Jahren habe ich mich an die großen skandinavischen Krimis versucht, nur um festzustellen, dass ich sie sterbenslangweilig und dröge fand. Ich darf gar nicht verraten, welcher arme große Autor da bei mir durchgefallen ist. Aber man selbst wird ja älter, und entwickelt so auch einen anderen Geschmack und Ansichten, außerdem rücken die jüngeren Autoren nach und vielleicht peppen sie einfach ihre Krimikultur auf. Ob es Heine Bakkeid gelungen ist, mich zu bekehren, erzähle ich euch nun.

Mit Thorkild Aske wirft der Autor auf jeden Fall, eine interessante Person in die Geschichte. Vor seinem großen Lebenseinschnitt muss er unglaublich korrekt, sympathisch und klug gewesen sein und nun ein häufchen Elend. Da der Roman direkt mit einem Suizidversuch beginnt und die Frage, warum tut er das, im Raum hängen bleibt, wird beim Leser sofort die Neugier geweckt und der Wunsch mehr über die Vergangenheit und das Passierte zu erfahren. Denn das Danach ist wenig ansehnlich, da sich der Protagonist ganz schön in Selbstzweifel und Mitleid suhlt. Irgendwie erfüllt er die totalen Klischees, gebrandmarkt, Medikamenten abhängig, todessüchtig und einfach total neben der Spur. Da fragt man sich, wie soll der bitte einen vermissten Mann finden. Für meinen Geschmack nahm der gute Thorkild und sein ruiniertes Leben ein bisschen zu viel Platz ein, auch wenn es originell war und er nicht der Superbulle ist. Trotzdem hätte der Geschichte etwas weniger, besser getan, obwohl dann vielleicht manche Situationskomik auch nicht da gewesen wäre.

So reisen wir mit dem verzweifelten Romanhelden nach Norden und werden in ein Spiel aus Ermittlungen und seiner Vergangenheit hineingezogen. Die Geschichte ist nämlich in Tagen unterteilt und jeder Abschnitt eröffnet uns auch ein Stückchen altes Leben von Thorkild. So stapft er durch das raue und karge Küstenstädtchen und trifft dort nur auf wenig Begeisterung. Zu Anfang quält er sich total rum, will gar nicht ermitteln und dann passiert es doch, er findet eine Leiche und kaum gefunden, ist diese auch schon wieder verschwunden. Und da Thorkild als Sündenbock perfekt ins Schema passt, gerät auch er ins Fadenkreuz der neuen Ermittlungen, was aber auch zur Folge hat, dass sein alter Ermittlerinstinkt stotternd in Fahrt kommt. Was man vielleicht noch erwähnen sollte, ist, das Thorkild, dem esoterischem nicht ganz abgeneigt ist, da er selber versucht mit seiner Vergangenheit Kontakt aufzunehmen.

Heine Bakkeid schafft mit seiner Geschichte eine ganz bestimmte Atmosphäre, raue Landschaft, wütende Winde, ein aufgewühltes Meer und dazu einen melancholischen einsamen Mann, der den Tod herbeisehnt, oder doch einen Sinn, für das Leben. Der Antworten sucht und doch mit noch mehr Fragen kämpft. Hier findet eine Gratwanderung zwischen den Toten und Lebenden statt. Man kann sagen, was man will, Atmosphäre hat er geschaffen, einen Helden, der so einige Qualen erleiden muss und wir gut und gerne auf einige Beschreibungen auch verzichten hätten können, trotzdem muss man weiterlesen, bis der Showdown eingeleitet ist und man gut durchgeschüttelt aus der Geschichte geworfen wird. Ja, ich hatte packende Lesestunden und der Sog lässt einen nicht so schnell los.

Wie ihr seht, gibt es viel bei diesen Protagonisten zu entdecken, und ob er seine Balance und den jungen Mann wieder findet, müsst ihr einfach selbst lesen. Heine Bakkeid hat für mich auf jeden Fall den Staub für Skandinavien entfernt und ich werde wohl doch nach weiteren Thrillern Ausschau halten. 


Henry und ich hatten stürmische Lesestunden und vergeben vier Bücherpunkte:
 
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Über den Autor:

 
Heine Bakkeid, Jahrgang 1974, ist in Norwegen ein renommierter Jugendbuchautor. «... und morgen werde ich dich vermissen» ist sein erster Kriminalroman und Auftakt der Reihe, die in 11 Ländern erscheint. Bakkeid beherrscht die Kunst des filmischen Erzählens, die raue, maritime norwegische Landschaft ist die perfekte Kulisse dafür. 


Vielen lieben Dank an den Rowohlt Verlag für das Rezensionsexemplar.
 

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