Freitag, 27. Juli 2018

Rezension: Penny Joelson * Ein kleines Wunder würde reichen

Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: FJB
ISBN-13:
978-3841440235
Preis: 16,99 EUR
E-Book: 14,99 EUR
Reihe: 1/1 
Erscheinungsdatum: Mai 2018
Übersetzer: Andrea Fischer 


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Inhalt:
Jemma ist in ihrem Körper gefangen, sie kann sich weder bewegen noch sprechen. Sie ist auf Hilfe angewiesen und das bekommt sie von ihren Adoptiveltern, die sich für Kinder mit Behinderung liebevoll aufopfern. So gibt es in diesem Haushalt nicht nur Jemma, sondern auch Finn, der Autist ist und Olivia, die zwischen Hyperaktivität und Wutausbrüchen hin und her pendelt. Aber auch Sarah ist ein Bestandteil der Familie, obwohl sie als Pflegerin nur für Jemma da ist, kümmert sie sich rund um alles mit. Für Jemma ist Sarah ein wichtiger Teil ihres Lebens und liebt es, wenn diese ihr Geheimnisse anvertraut. Nur eins kann Jemma gar nicht leiden, Sarahs Freund Dan. Der gern abends mal vorbei kommt, den Charmeur gibt und nur Jemma sein wahres Gesicht zeigt. Immer wenn sie allein sind, schenkt er ihr besondere Bosheiten und traut ihr sogar ein fruchtbares Geheimnis an, weil er genau weiß, dass sie es keinen erzählen kann. Was würde Jemma doch dafür geben, allen zu offenbaren, was für ein Mensch Dan doch ist. Und dann verschwindet Sarah. Wo ist sie? Steckt Dan dahinter? Jemma will unbedingt helfen, aber wie?

Meinung:
Als ich damals den Klappentext gelesen hatte, war ich sofort neugierig. Wie wird sie die Figur beschreiben, wie sieht ihr Leben aus und welches Wunder wird es wohl geben. Ich bewundere Menschen, die ganz leicht und ungezwungen mit behinderten Menschen umgehen können. Leider gehöre ich nicht dazu und schwebe immer in einem Zustand der Hilflosigkeit und der Hemmung dahin. Es ärgert mich immer maßlos, wenn ich nur danebenstehe und nicht weiß, was ich machen soll, aber diese Schamgrenze will einfach nicht weichen. Total frustrierend, um so interessanter trotzdem einen Weg zu finden, doch in den Kopf eines behinderten Mädchens schauen zu dürfen und dort tut sich Unglaubliches auf. Wie mir nun dieses kleine Wunder gefallen hat, erzähle ich euch nun.

Jemma ist vierzehn Jahre alt und leidet an Zerebralparese und ist Quadriplegikerin. Das bedeutet, das sie keine Kontrolle über ihre Arme und Beine hat, oder überhaupt irgendetwas. Sie kann ohne fremde Hilfe nichts machen und das Schlimmste, wie ich finde, sie kann sich nicht verständlich machen, da sie nicht sprechen kann. Jede Möglichkeit, des Zwinkerns oder des Fingers bewegen, haben sie durch und so ist Jemma in sich eingeschlossen. Aber das bedeutet nicht, dass sie ein unglückliches Mädchen ist, die keine Tagesbeschäftigung hat. Sie geht zur Schule, liebt es gute Bücher vorgelesen zu bekommen, schaut gern Quizsendungen und versteht ihren autistischen Bruder wohl besser, als jeder anderer. Aber wenn man etwas auf dem Herzen hat, kann Jemma es nicht mitteilen und sie würde so gern einiges los werden. Vor allem da ein Brief für sie ins Haus flattert, der ihre Welt umwirbelt und ihr Leben unglaublich bereichert. So ist sie auch nicht mehr ganz abgeneigt zu dem College zu fahren und einen Professor zu treffen, der sich mit erweiterten Sprachmöglichkeiten auskennt. Obwohl Jemma erst Angst hatte, das ihre Eltern sie abgeben möchten. Aber dann verschwindet Sarah und Jemma will unbedingt mitteilen, wer der Täter ist.

Ich kann gar nicht in Worte beschreiben, wie sehr mich Jemmas Schicksal berührt hat und wie herausragend ich diese Pflegeeltern empfand. Immerhin kümmern sich diese beiden nicht nur um ein behindertes Kind, nein sie haben mehr oder minder drei. Für jedes Kind muss man das richtige Wort haben, die Situationen richtig einschätzen können und jeden die Aufmerksamkeit schenken, die es benötigt. Ich wäre mit einem schon völlig überfordert und wüsste gar nicht, wo mir der Kopf steht. Diese Arbeit müsste viel mehr honoriert werden. Tja und dann auch Jemma, die in ihrem Körper eingeschlossen ist und der neuen Pflegerin nicht sagen kann, dass sie nur körperlich behindert ist und nicht geistlich. Dass sie durchaus auf dem Niveau einer Vierzehnjährigen denken kann und nicht gern Bilderbücher anschaut oder Kinderlieder hört. Was muss das für ein Gefühl sein, dem ohnmächtig entgegen zu stehen. Unglaublich tapfer dieses Mädchen, kämpferisch und sympathisch.

Die Autorin setzt ganz klar, die Behinderung in den Vordergrund. Räumt mit Vorurteilen auf, lässt einen in die Welt der Kinder schauen und öffnet so die Wahrnehmung des Lesers. Auch die technischen Möglichkeiten lässt sie nicht unerwähnt und allein das, ist schon unglaublich lesenswert. Aber dabei belässt sie es nicht, sondern strickt noch einen Nachbarschaftsmord und eine Entführung mit rein. Das hält die Geschichte unglaublich am Laufen, man steckt mit Jemma zusammen im Körper und möchte so gern und kann nicht. Dieser Kampf ist authentisch geschrieben, ohne zu übertreiben und mach aus dieser Geschichte eine wahre kleine Heldin.

Ein kleines Wunder würde reichen ist eine Geschichte über ein Mädchen, was kämpft und über sich selbst hinauswächst. Authentisch, ehrlich und so unglaublich Horizont öffnend. Dieses Buch ist eine Wucht!
 
Henry und ich hatten unglaublich tolle Lesestunden und vergeben die vollen Bücherpunkte:
 
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Über die Autorin: 
 
Penny Joelson hat im Alter von sechzehn Jahren begonnen, mit schwerbehinderten Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. In »Ein kleines Wunder würde reichen« hat sie viele ihrer Erfahrungen einfließen lassen. Sie lebt mit ihrer Familie in Hertfordshire und gibt Kurse für Kreatives Schreiben am City Lit College in London, wenn sie nicht gerade selbst schreibt.


Vielen lieben Dank an den FJB Verlag für dieses Rezensionsexemplar. 

6 Kommentare:

  1. Kühlen Sonntag, Inga.

    Grundlegend richtig dürfte ja immer sein, sich normal im Verhalten zu geben. Weder die 10 Schritte zurück (im Geiste), noch eine übertriebene Betüdelitis. Die Betroffenen bemerken solche Einstellungen rein aus gemachter Erfahrung bereits. Tatsächlich schätzen sie es, wenn man/frau Ihnen normal gegenübertritt.
    Auf den ersten Gedankrn hin könnte man/frau vermuten, dass all die integrierten Verbrechen zuviel sein könnten, dem Anliegen des Romans in die Quere kommen. Aber offensichtlich hat die Autorin die richtige Balance für die Story & Ihre Hauptfigur gefunden.
    Die mythische Seherin Cassandra hatte das Problem, dass niemand ihren wahren Voraussagen (der Untergang Trojas) glauben schenkte - Jemma kann Ihr Wissen nicht einmal weitergeben (zumindest bis kurz vor Ende des Buchs).

    Dexter wird wohl eher darauf bestehen, dass er ein grosses Wunder sei...

    bonté

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    1. Servus Robert,

      ganz ehrlich, wo hattest du den einen kühlen Tag gehabt.
      Ich zerfliesse so dahin ...

      Leider habe ich die Angewohnheit mitleidig zu gucken und kein Wort sagen zu können. Ich behindere mich selbst und das macht den anderen auch unsicher ... schlechte Kombi!

      Mich hat die Autorin beeindruckt und sie hat perfekt die Balance hinbekommen, wirklich toll gemacht. Und ich könnte mir die Lage gar nicht vorstellen, im eigenen Körper so gefangen zu sein ...

      Dexter ist mein kleines Plüschwunder! Er hat doch schon den extra Bonusplatz ...lach...

      Ganz liebe Grüße
      Inga

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  2. Hi Sonnenschein,
    was bin ich hin und weg von dieser Zusammenfassung, und jetzt natürlich noch gespannter auf das Buch.
    Während meiner Hochschulausbildung hatte ich ein Mädel in meinem VWL und Spanischkurs, die mich regelmäßig aus den Socken haute. Elena hat eine ähnliche Behinderung wie die kleine Protagonistin im Buch. Ihre Sprachrethorik war nicht komplett eingeschränkt, aber körperlich komplett behindert. Allerdings gehörte sie zu den besten unserer Klasse, denn sie hat einen ungemein wachen Verstand.

    Daher bin ich ganz besonders neugierig auf "Ein kleines Wunder würde reichen".

    Transpirierende Grüße,
    Sandy

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    1. Servus süße Sandy,

      oh das freut mich extrem zu hören!
      Und diese Menschen werden einfach unterschätzt und ich fürchte ich bin da auch ein sehr negatives Beispiel für. Unbeholfen und Verkapselt. Aber dieses Buch eröffnet einfach nochmal eine andere Sichtweise, ganz toll :-)

      Ich habe es dir schon bereit gelegt!

      Schick dir ein Wassereis rüber
      Inga

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    2. Liebe Inga,
      unbewusst überfordert ist man sicher. So geht es mir auch immer wieder. Man ist dann eben doch verunsichert, wie man denn am besten mit Betroffenen umgeht.
      Und daher finde ich es so wichtig, dass es solche Geschichten gibt.

      Freue mich schon auf das Buch! :D

      Und für dich gibt es mal ne ganze Sackkarre voll mit gekühltem Eis und Melone!!

      Lieben Gruß
      Sandy

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    3. Hallo du Sonnenlicht,

      ganz genau und das macht es oft die Sache einfach schlimmer. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie manche Menschen ganz unbefangen miteinander umgehen! Das ist mir schon immer besonders schwer gefallen. Aber es gibt sie nun mal, jene und solche :-)

      Oh Melone, ich liebe Melone und Eis ... mmmhhhhhhh....

      Ich schick dir einen festen Drücker
      Inga

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