Freitag, 26. April 2019

Rezension: Ferdinand von Schirach * Der Fall Collini

Taschenbuch: 208 Seiten
Verlag: btb  
ISBN-13: 
978-3442714995
Preis: 10,00 EUR
E-Book: 8,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: Februar 2017
Zuerst erschienen im Piper Verlag, 2011




Inhalt:
Fabrizio Collini ist Werkzeugmacher und hat sich sein Leben lang nichts zuschulden kommen lassen, aber trotzdem gibt er sich in Berlin als Journalist aus und tötet einen alten Mann. Er ruft selbst die Polizei und wartet auf seine Verhaftung. Caspar Leinen ist seit 42 Tagen Anwalt und wird als Pflichtverteidiger dazu gerufen. Ein Albtraum, für jemanden ganz am Anfang seiner Karriere, aber er übernimmt und stößt, bei seinem Klienten bloß auf Schweigen. Erst durch die Presse erfährt Leinen, wer das Opfer war und so bricht für ihn ein großer innerer Konflikt los, denn der Tote ist ihm nicht unbekannt und war der Großvater seines besten Freundes. Trotz allem verteidigt er Collini und durch sein Schweigen, ist er gezwungen selbst zu recherchieren und stößt dabei auf ein schreckliches Kapitel unserer deutschen Geschichte. Was wird Leinen heraus bekommen? Warum hat Fabrizio Collini getötet? Und welcher geschichtliche Abgrund wird sich hier auftun?

Meinung:
Der Autor ist ja wahrlich kein Unbekannter mehr in der Literatur, trotzdem habe ich noch nichts von ihm gelesen. Nun schauten mich ständig die Filmplakate an und so musste ich mal auf meinem Reader schauen, ob ich nicht ein Werk vom Autor habe. Siehe da, ich hatte sogar eins und tatsächlich, das Buch, wovon es nun einen Film gibt. Ich wollte, dann auch nur mal kurz rein lesen und schwups war ich durch. Ob es mir nun gefallen hat, erzähle ich euch nun?

Der Roman beginnt auch direkt mit dem Tötungsdelikt und der Leser wird auf harte Weise, Zeuge und Richter, denn wie soll so ein Fall, denn Fragen aufwerfen. Somit kommen wir dann zur nächsten Hauptfigur Caspar Leinen, ein junger Mann und Anwalt. Er ist höflich, zuvorkommend, aber auch extrem schlau. Er übernimmt den Fall und versucht zu helfen, allerdings stößt er bei seinem Klienten nur auf Schweigen und weiß gar nicht, wie er helfen kann. Erst am Abend, als ihm eine ganz aufgelöste Freundin anruft, wird ihm erst bewusst, wen er da vertritt und wer wirklich das Opfer war. Hans Meyer, bei dem er so viele Sommer verbracht hat und dem er stets freundschaftlich verbunden war. Caspar will, wegen Befangenheit den Fall abgeben, aber kann er es sich das so leicht machen? Er grübelt darüber, immerhin hat er sich für den Beruf eines Anwalts entschieden und nimmt sich schlussendlich der Sache komplett an.

Ferdinand von Schirach ist selbst vom Fach und weiß, was ein Strafverteidiger tun kann oder muss. Er lässt somit seinen Protagonisten zuerst die routinierten Handgriffe bewerkstelligen, bevor er wirklich in die Materie abtaucht. Dabei lässt er Caspar Leinen von Anfänger bis zum, mit dem muss man rechnen, entwickeln. Das heran gehen an die Geschichte hat mich unglaublich beeindruckt, die klaren und überschaubarem Worte ergreifen einen, und lassen einen durch die Geschichte rauschen. Obwohl dieser Roman kurz und knackig ist, hat er eine große Durchschlagskraft und erschüttert an den richtigen Stellen. Besonders erschreckend finde ich, dass Willkür und Dummheit, Bosheit und Berechnung in der deutschen Justizgeschichte so vorkommt und immer noch besteht. Das die Schuldfrage einen so erschüttert und man selbst daran zweifelt. Wirklich klug und scharfzüngig gemacht und sehr wach rüttelnd.

Allerdings und das ist reine Geschmacksache, war mir der junge Anwalt zu nüchtern, wo ist die Zerrissenheit, wo der Unglaube, wo die Dramatik in der eigenen Geschichte. Das hat mir ein bisschen gefehlt, oder hätte mich noch mehr überzeugt. Das Ende wieder rum, fand ich hervorragend gewählt und passte perfekt zur Geschichte.

Der Fall Collini ist ein Blick in den Abgrund der Menschheit und das unsere Geschichte mit solcher Schande immer noch bestückt ist, ist einfach unglaublich. Toll das dieser Autor, darauf aufmerksam macht und uns dazu einen beeindruckenden Fall liefert. Vom Blinden zum Sehenden und hoffentlich nicht zum Vergessenden. Lesenswert.
 

Henry und ich sind sehr beeindruckt gewesen und dafür gibt es vier Bücherpunkte:
 
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Über den Autor:

Der Spiegel nannte Ferdinand von Schirach einen »großartigen Erzähler«, die New York Times einen »außergewöhnlichen Stilisten«, der Independent verglich ihn mit Kafka und Kleist, der Daily Telegraph schrieb, er sei »eine der markantesten Stimmen der europäischen Literatur«. Die Erzählungsbände »Verbrechen« und »Schuld« und die Romane »Der Fall Collini« und »Tabu« wurden zu millionenfach verkauften internationalen Bestsellern. Sie erschienen in mehr als vierzig Ländern. Sein Theaterstück »Terror« zählt zu den weltweit erfolgreichsten Dramen unserer Zeit. Ferdinand von Schirach wurde vielfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Er lebt in Berlin. Zuletzt erschienen von ihm die Spiegel-Bestseller »Die Herzlichkeit der Vernunft«, ein Band mit Gesprächen mit Alexander Kluge, die Erzählungen »Strafe« sowie sein persönlichstes Buch »Kaffee und Zigaretten«.

Quelle: btb Verlag

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