Montag, 20. Juli 2020

Rezension: Rolando Villazón * Amadeus auf dem Fahrrad


Gebundene Ausgabe: 416 Seiten
Verlag: Rowohlt  
ISBN-13:
978-3498070700
Preis: 26,00 EUR
E-Book: 19,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: Juli 2020
Übersetzer: Willi Zurbrüggen




Inhalt:
Opernmusik hat die Familie Mauer schon immer begleitet, da der Vater ein großer Fan davon ist. So wurden die Urlaube immer abwechselnd in Salzburg oder Bayreuth verbracht. Während die älteren Geschwister dieser Musik nichts abgewinnen konnten, entflammte bei dem jüngsten, Vian, eine große Liebe und sein Traum einmal auf der Bühne zu stehen und mitzusingen. Aber von solchen Plänen möchte, der Patriarchat der Familie nichts hören und hält diesen Wunsch für verschwendete Zeit. So vergehen Jahre und als am Ende von der Familie nur Vian noch übrig ist, erkämpft er sich ein Jahr Freiheit und möchte diese Chance als Sänger probieren. Kurzum es läuft nicht gut, aber sein Weg führt ihn trotzdem nach Salzburg und seine Träume erwachen vom Neuen. Wie wird er sich dort durchschlagen? Kann er seinen Traum von Singen leben? Oder ist es wirklich ein Sommer der Entscheidungen und die Rückkehr noch Mexiko?

Meinung:
Rolando Villazón ist einfach der Tenor seiner Zeit, ich kenne ihn von Aufzeichnungen aus Verdi Opern und finde ihn ganz großartig. Aber er singt nicht nur leidenschaftlich gern, nein, er scheint auch noch gerne zu schreiben, immerhin ist dies schon sein dritter Roman und er soll ein Mozartexperte sein. Für mich ist es das erste Buch aus seiner Feder, aber da ich Mozart liebe und Salzburg vor Jahrzehnten besucht hatte, wollte ich unbedingt in dieses Festspielflair eintauchen und es mal aus der Sicht von jemanden lesen, für den es mehr nach Normalität schmeckt. Ob ich mit der Geschichte warm geworden bin, erzähle ich euch jetzt.

Vian Mauer ist ein ganz großer Träumer und leider auch ein Verlierer. Als jüngster Spross einer vermögenden anerkannten Familie mit einem strengen Oberhaupt hat er mit seinem Gemüt nicht viel zu lachen. Da seine Geschwister in den Augen seines Vaters unwürdig sind und somit auch nicht mehr existent, lastet die Familienehre auf seinen Schultern und nicht dazu gehört nun einmal singen. Ein Beruf im Anzug bei einer großen Firma, ist eher nach dem Geschmack des Vaters, aber Vian fühlt sich alles andere als wohl und berufen dabei. Seine Liebe gehört der Oper und er nimmt sogar heimlich Gesangsunterricht, um es seinen Vater zu zeigen, dass er es sehr wohl kann. Aber hier gibt es schon ein großes Problem, denn seine Stimme ist nicht so einfach einzuordnen, für den einen Gesangslehrer ist er ein Tenor, für den anderen ein Bariton und Vian mehr als entmutigt. So schwangt sein Selbstvertrauen extrem Hin und Her und seine Sorgen nehmen immer mehr zu. Nun allerdings hat er auch eine gute Ausgangsposition, denn als einziger Sohn und Erbe, will er es zumindest versuchen, ein Leben als Künstler und sein Vater muss sich da beugen, denn wenn es nicht klappt, begibt er sich nämlich in sein vorbestimmtes Schicksal.

Vians Karriere beginnt ganz klar nicht erfolgreich und am Ende reist er als Komparse nach Salzburg, um bei der Aufführung zu „Don Giovanni“ mitzuwirken. Zumindest sein Traum Salzburg zu erleben erfüllt sich. Und hier blende ich einfach mal raus und sage, mehr müsst ihr selbst erlesen. Was ich aber sagen kann, ist, Rolando Villazón hat Salzburg einfach herrlich und lebendig eingefangen. Seine Bilder der Stadt erblühten förmlich im Kopf und ich wäre unglaublich gern sofort dorthin gereist. Die engen Straßen, die vielen Treppen, die malerische Gegend an der Salzach und zwischen drin, die Welt der Opernsänger. Diven auf dem Fahrrad, die winkend an den Reportern vorbei sausen und Musik überall. Witzige Hintergrund Informationen zu Opernproduktionen reihen sich mit ein und unterhalten aufs Beste. Tja, und überall Mozart, quirlig, greifbar und doch auch mit einer nachdenklichen Seite. Das alles hat der Autor fantastisch eingefangen und zum Leben erweckt.

Allerdings hatte ich so meine Probleme mit Vians Geschichte, dieser schrägen Freundschaft zu zwei Fremden, denn Freundschaft würde ich es nicht unbedingt nennen. Zwei Personen, die irgendwie abhängig von einander sind. Julia, die als Assistentin in der Produktion arbeitet, Regenbogenfarbende Haare hat und in die sich Vian verliebt. Ihr Schatten ist Jacques, der den Oberteufel spielt und sich auch ganz gerne auf, oder daneben benimmt. Bei der Figur bin ich mir immer noch unsicher, ob ich sie falsch verstanden habe, sollte es eine Anspielung auf Mozart sein, oder ist er einfach ein unbequemer Zeitgenosse, der das Leben von Vian immer wieder anstachelte und verletzte, der seine Zuneigung zu Julia ausspielt und ihn quält. Natürlich ruft er somit, nicht nur die verträumen Seiten von Vian hervor, aber so richtig begriffen, habe ich dieses merkwürdige Trio nicht und das hat mir die Geschichte, etwas schwer gemacht. Dagegen gibt es aber auch Figuren, die einfach wunderbar die Geschichte mit ausfüllten und das Flair dieser Stadt noch verstärkten, wie der Buchhändler, oder Herr Wolfgang, der Bettler. So hat diese Geschichte absolut Charme, Witz, aber auch Drama pur dabei. Vian muss also nicht nur sich selbst finden, sondern sich auch seinen Platz. Vielleicht klappt es nicht mit dem Gesang, aber eins ist er in Salzburg auf jeden Fall, ein Künstler, nämlich ein Lebenskünstler.

Amadeus auf dem Fahrrad ist ein Kampf um den eigenen Platz im Leben, der Freiheit zu tun, was man liebt und Menschen zu finden, die einen verstehen. Charmant, farbenfroh und humorvoll.
 
Henry und ich mögen beschwingte Geschichten und lieben Trazom und vergeben vier Bücherpunkte:
 
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Über den Autor:


Rolando Villazón wurde 1972 in Mexiko-Stadt geboren, als Enkel des Wieners Emilio Roth. Villazón besuchte die deutsche Schule in Mexiko Stadt und begann seine künstlerische Ausbildung am dortigen Konservatorium. 1999 hatte er seinen internationalen Durchbruch und wurde zu einem der bedeutendsten und beliebtesten Sänger seiner Generation. Neben seiner Gesangskarriere arbeitet er auch als Opernregisseur und ist für sein zeichnerisches Talent bekannt. Rolando Villazón lebt in Paris und ist Mitglied des Collège de Pataphysique.

Quelle: Rowohlt Verlag
 

Vielen lieben Dank an den Rowohlt Verlag für das  Rezensionsexemplar. 

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