Freitag, 3. August 2018

Rezension: Catharina Junk * Bis zum Himmel und zurück

Gebundene Ausgabe: 353 Seiten
Verlag: Rowohlt  
ISBN-13:
978-3463406947
Preis: 17,95 EUR
E-Book: 14,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: März 2018
 




Inhalt:
Katja ist Drehbuchautorin und steht kurz davor eine neue Familienserie zu entwickeln. Sonst schreibt sie für eine Krimireihe, die ziemlich abhängig von ihrer Hauptdarstellerin ist und Katja die letzten Nerven raubt. Da ist so ein neues Projekt doch perfekt als zweites Standbein. Nur kann man eine Familiengeschichte entwickeln, wenn die eigene dermaßen in Trümmern liegt, dass man daraus nichts schöpfen kann. Katja ist hin und her gerissen und weiß nicht recht, ob sie dem gewachsen ist. Tja, und bevor sie sich richtig entschieden hat, holt sie das eigene Leben erbarmungslos ein, denn ihre Mutter ruft an und teilt ihr eine erschütternde Neuigkeit mit. Katja ist blockiert und verdrängt alles, was sie kann, nur das Mädchen vor ihrer Tür lässt sich schwer ausblenden, wenn diese behauptet, ihre Halbschwester zu sein. Was wird Katja tun? Wird sie sich der neuen Situation stellen? Und warum ist ihre Familie zu kaputt?

Meinung:
Ich wollte immer das Debüt „Auf Null“ der Autorin lesen und habe es auch hier liegen, aber wie das nun mal ist, habe ich ihr zweites Werk zuerst verschlungen. Der Klappentext klingt einfach genial und ich war ziemlich gespannt darauf, wie die Autorin uns verzaubert und diese Familiengeschichte umsetzt. Ob sie mich auch endgültig begeistert hat, erzähle ich euch nun.

Katja ist also Drehbuchautorin und kann so viele unzählige Leben und Geschichten erfahren, ohne selbst sich ins Gefühlschaos und andere Lebensrisiken hineinzustürzen. Sie lebt lieber in ihrer Blase und versucht sich große Gefühle vom Halse zu halten. Ihr Lebenselixier ist Cola und ab und zu Ratko, der hin und wieder mal reinschaut. Ihr sozialer Kontakt besteht aus ihrer besten Freundin Alexa, mit der sie schon einige Höhen und Tiefen durchgestanden hat. Sie schwebt so recht heiter durch ihre Welt und man kann gar nicht erahnen, welche Blessuren sie erlebt hat. Denn unter den ganzen Schichten von Haut und Fett geht es Katja gar nicht gut und ihre Schutzschilde laufen auf Hochtouren, erst recht wenn eine nicht bekannte Halbschwester vor ihr steht. Da bekommen ihre Mauern doch Risse und die Vergangenheit holt sie schnell ein. Aber was macht sie daraus, hält sie sich alles vom Hals, oder versucht sie selbst das aufzuarbeiten.

Catharina Junk fängt mit ihrer Geschichte unglaublich locker und humorvoll an. Man hat erst das Gefühl in eine Komödie hinein zu stolpern, bis man merkt, hier stimmt was ganz und gar nicht. Ihre Hauptfigur so unbedarft und herzlich sie rüberkommt, hat eine Vergangenheit, die sie lieber unter dem Mantel des Schweigens belassen würde. Aber trotzdem kann sie dieser nicht entrinnen. Als Leser fragt man sich, was ist da passiert, nun gut, die Eltern haben sich getrennt, was ist mit ihr als Kind so schlimmes passiert und wo ist ihre andere Schwester. Erst durch Rückblenden erkennen wir, das ganze Ausmaß dieser Familie und auch wie feige sich die Eltern ihrem Kind gegenüber verhalten haben. Katja ist die Leidtragende und diese Erfahrung prägte sie für ihr ganzes Leben. Nun heißt es, wie gehe ich mit dem neuen Wissen um eine Halbschwester und eine andere Familie um. Lass ich zu, dass die Wunden wieder aufbrechen, um erneut zu leiden, oder können sie vielleicht sogar jetzt heilen. Katja muss sich in diesem Buch entscheiden und auch für ihr eigenes Leben. Aber sie ist ja Drehbuchautorin, sie kann bestimmt ihren Leben eine neue Richtung geben.

Dieses Gemisch aus heiter und nachdenklich hat mich unglaublich überrascht, aber auch begeistert, es ist genau das richtige Maß, um kein bitterernster Roman zu werden, sondern noch gut verdaulich für den Alltag zu sein. Die Geschichte so traurig sie ist, ist durch den tollen Schreibstil gut gemeistert und macht auch Spaß zu entdecken. Ganz Große klasse fand ich die Anlehnung an die Raumfahrt mit ihren Astronauten, das war wirklich toll hineingeflochten und hat mich beim Lesen glücklich gemacht. Allerdings gab es für mich einen Haken, und zwar die Familie, ich habe es zwar nicht so schwer getroffen wie Katja, aber ich weiß nicht, ob ich diesen Weg gegangen wäre, vor allem als Erste. Das ist für mich ein wunder Punkt und passte zwar für die Geschichte und hätte auch gar nicht anders funktioniert, aber das war eher etwas weichgespülter Komerzzwang. Ich bin immer noch der Meinung, auch Eltern müssen sich die Liebe ihres Kindes verdienen. Aber für das Herz und den Wunsch nach einem Happy End war es schon gut gewählt.

Bis zum Himmel und zurück ist ein heiterer emotionaler Roman mit unerwartetem Tiefgang, der toll geschildert ist und unglaublich Freude beim Lesen macht, allein die Seitenhiebe ans Fernsehen, herrlich.
 
Henry und ich hatten riesigen Spaß mit den Figuren und dafür gibt es vier Bücherpunkte:

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Über die Autorin:


Catharina Junk, 1973 in Bremen geboren, studierte Deutsche Sprache und Literatur, Psychologie und Volkskunde an der Universität Hamburg, arbeitete mehrere Jahre als Redakteurin für Fernsehserien und Reihen beim NDR und ist seit 2008 selbständige Drehbuchautorin für Film und Fernsehen. 2014 erhielt Catharina Junk für ihren ersten Roman "Auf Null / Liebe wird aus Mut gemacht" den Hamburger Förderpreis für Literatur. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Hamburg. 

Quelle: Rowohlt Verlag

Vielen lieben Dank an den Rowohlt Verlag für das  Rezensionsexemplar.

2 Kommentare:

  1. Servus, Inga.
    Rein spontan läßt mich Katjas Situation an ähnlich dramatisch gestrickte Offenbarungen, innerhalb einer Familie, denken. Wenn beispielhaft Kinder erfahren, daß sie adoptiert wurden. Oder Väter über eine Nicht-Vaterschaft ins Bild gesetzt sind. Die meisten reagieren mit einer emotionalen Unruhe - speziell Väter aber scheinen plötzlich gewillt sein eine Mauer zu errichten. Aber ändert eine Nicht-Vaterschaft wirklich die bisherige Liebe zum Kind!?
    Besonders übel wird es, wenn das Kind dann dafür "zur Verantwortung gezogen" wird. Stets ausgesprochen dramatische Stories...
    Aber die Autorin webt auch die Leichtigkeit eines passenden Humors ein; ein Mix, den hiesige Stories eher wenig oft wagen (jetzt im Gegensaätz zu angelsächsischen). Wert zu notieren!

    Dexter scheint in mehreren Blicken darauf zu insistieren, doch bereits Himmel genug sein...ein Kater-Engel sozusagen.

    bonté

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    1. Ahoi Robert,

      hier ist es wohl nicht das "Übliche". Ich finde es sogar noch schlimmer, aber ich werde es nicht verraten, wer weiß wer hier noch mitliest ...lach...
      Aber es ist immer was schlimmes, wenn man sein Kind vernachlässigt, auch noch wenn es sich selbst Vorwürfe macht und mit einer Schuld lebt, die es nicht tragen kann. Echt schwer ...

      Die Autorin macht das ganz geschickt und ich mag es, wenn man mal durchatmen und lachen kann. Da hast du voll und ganz recht.

      Naja, momanten ist Dexter eher eine Bengel ...lach...

      Ganz liebe Grüße
      Inga

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