Freitag, 28. Februar 2020

Rezension: Jasmin Schreiber * Marianengraben

Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
Verlag: Eichborn
ISBN-13:
978-3847900429
Preis: 20,00 EUR
E-Book: 14,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: Februar 2020 



Leseprobe? Kaufen? 


Inhalt:
Paulas Leben steht still, sie hat die Pausetaste gedrückt und doch läuft um sie herum alles weiter. In ihrem Leben hat sie nicht viel benötigt, ihr Studium, ein paar Freunde und natürlich ihren kleinen Bruder Tim, den Meeresforscher. Tim und Paula waren ein Herz und eine Seele, die große Schwester, die ihren kleinen Bruder die Welt erklärte und mit ihm auf Entdeckerreisen ging. Bei seiner Letzten war sie nicht dabei, wo sich ein schrecklicher Unfall ereignete, und nun ist Tim nicht mehr da. Paula stürzt in eine tiefe Depression und kann daraus nicht auftauchen. Ihr Psychologe gibt ihr den Rat doch einmal das Grab zu besuchen und hier lernt sie Helmut kennen. Dieser seltsame schrullige ältere Herr, bringt Paulas Dasein komplett durcheinander und zusammen beginnen sie eine Reise. Ob es ein Abenteuer wird? Wohin soll es eigentlich gehen? Und wird die Reise auch sie zu sich selbst zurückbringen?

Meinung:
Marianengraben, was für ein Titel, da hat man doch gleich Dunkelheit, Kälte und leuchtende Fische im Kopf. Ja, vielleicht ein bisschen zu viel „Findet Nemo“ geguckt. Aber der Titel hat es noch mehr in sich, hier beschreibt er auch das Gefühl von Paulas Depression und die Kapitelzahl zeigt an, wie weit wir noch aufsteigen müssen. Mir hat das Buch übrigens eine wunderbare Freundin geschenkt, mit den ungefähren Worten, schau dir dieses Buch an, ist es nicht ein Schatz, genau was für dich alten Buchliebhaber. Ob der Inhalt es auch war, erzähle ich euch nun.

Diese Geschichte beginnt ganz am Grund von Marianengraben, nämlich mit den schmerzlichen Erinnerungen an Tim. Der kleine Bruder, der eine große Leidenschaft für Fisch hatte und unbedingt einen Namensvetter haben wollte. Aber er war bescheiden, wenn Paula als Biologin keinen neuen Fisch entdecken sollte, würde er auch eine Krabbe mit seinen Namen akzeptieren. Tim war sehr neugierig, ein großer wissbegieriger Forscher, der seiner großen Schwester manchmal sprachlos machte, aber auch sehr glücklich. Sie waren etwas ganz Besonderes und nun ist er weg. Paula kommt nicht damit zurecht, auch zwei Jahre nach seinem Tod, ist sie zu nichts in der Lage, ihre Erinnerungen und ihre Schuld halten sie fest. Ihren Eltern macht sie etwas vor und selbst mit den Psychologen spricht sie eher über Nudeln, als über ihre Gefühle. Erst der Rat, Tim doch mal am Grab zu besuchen, bringt in Paula etwas in Gang. Natürlich wird das keine leichte Aufgabe, denn Paula kann nicht bei Tag auf den Friedhof gehen, sondern muss sich eine unüberwindbare Mauer bei Nacht aussuchen und lernt somit auch Helmut kennen. Und Schluss, dieses komödiantische Kennenlernen muss man einfach selber lesen. Nur so viel, beide Figuren wachsen einen mehr als nur ans Herz, sie gehen unter die Haut.

Dieses Buch hatte mich kalt erwischt, als ich mit der Geschichte begann, war bei uns noch alles gut und dann mussten wir von einem geliebten Familienmitglied überraschend Abschied nehmen, somit musste ich das Buch erst einmal beiseitelegen, um meine Tränen zu kontrollieren. Aber irgendwie ließ mich auch Paula nicht los und ich musste weiter lesen. Ich bin unglaublich überrascht über diesen gelungen Mix aus Trauer, Humor und das Leben ist toll. Aber ich denke, es hat auch viel mit den Figuren zu tun, immerhin haben wir eine junge Frau und einen sehr alten Mann, das allein bedeutet schon Lebensweisheiten weiter geben, aber Helmuts Art, das zu machen, ist einfach göttlich.

Da haben wir also Paula, die ihr Leben nicht mehr angehen kann und an der Trauer zerbricht, dazu noch die Schuldfrage und genau das, kann ich total nachempfinden. Schuld hat nicht unbedingt mit schuldig sein zu tun, sondern dem ewigen Hamsterrad, wie hätte ich das verhindern können, ohne wirklich etwas dagegen machen zu können. Dieses Gefühl, ist wie eine Ohnmacht, man ist ihr einfach machtlos aufgeliefert und das beschreibt die Autorin wirklich ganz genau. So muss Paula wirklich Meter für Meter auftauchen und das geht einen zu herzen. Aber auch unser Eigenbrötler hat seine Geister der Vergangenheit, er ist grimmig und schnell genervt, aber man spürt sofort, das ist seine Schutzfassade und auch er kennt dieses Gefühlskarussell. Beide lernen sich auf ihrer Reise kennen, beide öffnen sich dem anderen und beide können sich gegenseitig helfen, Wunden heilen zu lassen. Diese Figuren sind einfach das Herzstück und so großartig beschreiben, das ich sie am liebsten direkt nochmals kennenlernen möchte.

Eine ganz besondere Geschichte und diese Autorin hat es drauf. Es geht hier um Trauer und trotzdem musste ich so oft herzlich lachen und diese Dialoge der beiden, genial. Jasmin Schreiber macht aus dieser Geschichte keine traurige, sondern eine heitere, denn ja, Abschied gehört dazu und Trauer, aber auch das Leben weiterzuleben und zu lachen. Dieses Buch löst bei mir ein wohlig warmes Gefühl im Bauch aus und es hat mir so viel gegeben, nicht nur Lebenserfahrung, sondern auch Hoffnung. Eigentlich möchte ich jetzt auch so einen Helmut haben und ihn die Berge fahren.

Marianengraben ist traurig, humorvoll, einfühlsam, tiefgründig, geht unter die Haut und lässt einen mit einer Träne im Auge zurück, aber auch dem Gefühl, das Leben ist gut. Sehr beeindruckend und unglaublich stark. Ganz klare Leseempfehlung. Tränen aller Art sind hier Programm.
 
Henry und ich fanden diese Geschichte großartig, zum Lachen und Weinen und vergeben deshalb die vollen Bücherpunkte:

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Über die Autorin:


Jasmin Schreiber, geboren 1988, ist studierte Biologin und arbeitet als Kommunikationsexpertin und Autorin. 2018 gewann sie den Digital Female Leader Award und wurde als Bloggerin des Jahres ausgezeichnet. Sie arbeitet ehrenamtlich als Sterbebegleiterin und Sternenkinder-Fotografin. Das Internet macht sie auf Twitter unter @LaVieVagabonde unsicher. Jasmin Schreiber lebt in Frankfurt am Main.



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